Auf die Erwartungen des Publikums nimmt Regisseur Andrés Wood beinahe ebenso wenig Rücksicht wie seine Heldin.
Die Pionierin des chilenischen Nueva Canción buhlt in Woods filmischer Biographie nicht um die Begeisterung des Publikums; sie verlangt dessen ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Botschaft ihrer Protestlieder ist einfach und fordernd. Sie schöpft aus dem Reichtum der Folklore, begreift ihn als lebendige Überlieferung, nimmt damit den Pulsschlag ihres Volkes. Sie ist eine aufrechte Landarbeiterin des Gesangs. Mit "Machuca, mein Freund" hat der Regisseur vor einigen Jahren demonstriert, wie achtsam er glühendes politisches Engagement im alltäglichen Leben seiner Figuren heimisch machen kann.
Er folgt nicht der Chronologie von Parras Leben, hakt nicht pflichtschuldig Wegmarken ab, sondern erzählt ihre Geschichte klug verschachtelt, im agilen Wechsel der Zeitebenen. So erscheint jeder Moment als Gegenwart. Eine Existenz voller Widersprüche gewinnt eindringliche Konsequenz. Wir erleben Violeta stets in Bewegung, im Transit: eine Weltbürgerin mit tiefen Wurzeln in der eigenen Kultur.
In der Hauptdarstellerin Francisca Gavilán hat der Regisseur eine treffliche Komplizin gefunden - nicht nur, weil sie ihrem Vorbild erstaunlich ähnelt, sondern weil sie sich mutig auf die widerständige Unbefangenheit Parras einlässt. In der romantischen, der erotischen Liebe ist sie ebenso freigiebig und gebieterisch wie in der Nächstenliebe. Als ein junger Bewunderer aus der Schweiz zu ihrer Geburtstagsfeier kommt, klaubt sie kokett ein paar Kerzen von der Torte. Manchmal hat auch das Kino Grund, dem Leben dankbar zu sein.
Biopic: Chile 2011, 110 Min., von Andrés Wood, mit Francisca Gavilán, Thomas Durand, Christian Quevedo
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