Sicherheit

Feuerwehr in Not: Retter bei jedem zweiten Einsatz zu spät

| Lesedauer: 2 Minuten
Hans H. Nibbrig

Berliner Behörde fehlen 35 Fahrzeuge und 200 Mitarbeiter. Innensenator verspricht mehr Geld

Die Berliner Feuerwehr kann ihre Aufgaben praktisch nicht mehr in vollem Umfang bewältigen. Das wurde am Montag auf der Sitzung des Innenausschusses deutlich. Der Behörde fehlen aktuell etwa 35 Einsatzfahrzeuge und 200 Mitarbeiter, heißt es in einem Bericht, den der stellvertretende Landesbranddirektor Karsten Göwecke den Mitgliedern des Ausschusses präsentierte. Vertreter der Opposition sprachen von unhaltbaren und für die Berliner Bevölkerung gefährlichen Zuständen, Abgeordnete der Koalitionsfraktionen SPD und CDU verweisen hingegen auf die bereits eingeleiteten konkreten Maßnahmen zur Behebung der Misere.

„Patient Notfallrettung“, so hatte die Feuerwehr selbst das Kapitel des Berichtes überschrieben, in dem die größten Defizite aufgelistet sind. „An bis zu vier Tagen pro Woche sind wir beim Rettungsdienst derart ausgelastet, dass sämtliche Kräfte und Fahrzeuge gleichzeitig im Einsatz sind“, sagte Göwecke. Die drastischen Folgen: Betroffene müssen längere Wartezeiten in Kauf nehmen, und die dringend benötigte Reserve für mögliche Großlagen existiert praktisch nicht mehr.

Und diese Situation könnte sich noch weiter zuspitzen. Fachleute gehen davon aus, dass aufgrund des Bevölkerungswachstums in der Hauptstadt die Einsatzzahlen in Zukunft noch weiter steigen werden. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt sich vor allem bei den sogenannten Hilfsfristen. Maximal acht Minuten sollten bei Rettungseinsätzen zwischen Alarmierung und Eintreffen am Einsatzort vergehen. In Berlin sind die Vorgaben des Senats für die Feuerwehr bereits vor Jahren heruntergeschraubt worden. Dort ist das „Schutzziel“ erreicht, wenn die Frist bei 75 Prozent aller Einsätze eingehalten wird. Die Festlegung wird von vielen Seiten als äußerst fragwürdig empfunden, denn bei schweren Unfällen, Herzinfarkten oder Schlaganfällen kann jede Minute über Leben und Tod entscheiden.

Und in der Praxis spielen die vorgegebenen 75 Prozent ohnehin keine Rolle. Im Innenstadtbereich erreichen die Rettungskräfte die Acht-Minuten-Frist nur bei 43 Prozent aller Einsätze, in den Außenbezirken gar nur bei 24 Prozent.

„Berlin steuert auf einen Notstand zu, der früher oder später Menschenleben kosten wird“, kritisierte der grüne Innenexperte Benedikt Lux in der Sitzung am Montag. Innensenator Frank Henkel (CDU) widersprach vehement und verwies auf die von ihm begonnenen Maßnahmen zur Verbesserung der Lage. Der Doppelhaushalt 2014/2015 enthält Mittel für sieben zusätzliche Fahrzeuge und 80 neue Stellen bei der Feuerwehr.

Anders als im Rettungsdienst erfüllt die Feuerwehr ihre Zielvorgaben bei der Brandbekämpfung problemlos. Löscharbeiten machen aber nur noch zwei Prozent aller Einsätze aus, Rettungseinsätze dagegen 80 Prozent.