Berlins Ärzteschaft wird immer internationaler. Fast jeder fünfte Berliner Arzt, dem die Gesundheitsverwaltung im vergangenen Jahr eine Zulassung erteilt hat, kommt aus dem Ausland. Besonders Mediziner aus anderen EU-Ländern zieht es nach Berlin, allen voran Ärzte aus Österreich und dem krisengeschüttelten Griechenland, danach folgen Ärzte aus Italien und Polen.
Insgesamt wurden 2011 laut Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) 720 ärztliche Berufszulassungen, sogenannte Approbationen, erteilt. 154 von ihnen gingen an ausländische Mediziner, deren Zahl sich im Vergleich zum Vorjahr um rund 50 Prozent gesteigert hat. Zugleich wurden 2011 auch 225 Berufserlaubnisse an Ärzte aus dem Ausland erteilt. Diese Erlaubnis unterliegt im Gegensatz zur Approbation Einschränkungen, ist zeitlich befristet und an eine bestimmte Arbeitsstelle geknüpft. Eine Berufserlaubnis wird etwa für eine Weiterbildung zum Facharzt oder für den Fortbildungsaufenthalt als Gastarzt an einen ausländischen Mediziner erteilt.
Besonders im Bereich der beruflichen Qualifikation werde Berlin seit den letzten Jahren verstärkt zum Zentrum für ausländische Ärzte, sagte Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) der Berliner Morgenpost. „In keiner anderen deutschen Stadt sind die Voraussetzungen für eine hoch qualifizierte Weiterbildung so gut wie in Berlin.“ Es sei die Kombination aus universitärer Lehre, Forschung und praktischer Tätigkeit an international renommierten Kliniken, die „hervorragende Rahmenbedingungen“ bilden würden.
Der Trend der Internationalisierung der Ärzte in Berlin dürfte sich weiter verstärken. Denn seit Frühjahr 2012 gilt bundesweit ein geändertes Gesetz zur Anerkennung von Berufsqualifikationen, die im Ausland erworben wurden. Damit wird Ärzten aus dem Ausland der Zugang zu einer Approbation erleichtert. Gesundheitssenator Czaja begrüßte dies ausdrücklich: „Damit ist nicht nur ein wichtiger integrationspolitischer Ansatz realisiert worden, sondern auch durch die uneingeschränkte Einsatzmöglichkeit ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung erfolgt.“
Auch Berlins Ärztekammer-Präsident Günther Jonitz wertet die Entwicklung vor dem Hintergrund des zunehmenden Ärztemangels in Deutschland und des fachlichen Austauschs positiv. Bei der Kammer wurden im ersten Halbjahr 2012 mit 93 ausländischen Ärzten schon so viele Neuzugänge verbucht wie zuvor oft in einem ganzen Jahr. Laut Jonitz registriert man dort aktuell auch deutlich den größeren Zustrom von Kollegen aus südeuropäischen Ländern, die im Zuge der Euro-Krise dort weniger Perspektiven hätten. „Die Arztdichte in Griechenland und Spanien ist sehr hoch, viele finden dort keinen Arbeitsplatz.“ Aber auch aus Österreich kämen viele Mediziner, auch wegen der nicht vorhandenen Sprachbarriere.
Jonitz fordert jedoch, die unterschiedlichen Akteure von der einzelnen Klinik bis zur Gesundheitsverwaltung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Ärzten besser zu vernetzen. „Für die Region Berlin-Brandenburg wäre es sinnvoll, zu erfassen, welche Ärzte aus welchen Ländern schon da sind, welche Probleme es gibt, und sich dann gemeinsam um diese Menschen aktiv zu kümmern“, sagte Jonitz. „Es braucht einen Masterplan, der alle Akteure zusammenbringt und auch hilft, im Vorfeld Probleme zu vermeiden.“