Schröder gibt sein letztes Hemd

Kai Ritzmann

Vielleicht bleiben vom letzten Hemd nur noch die Knöpfe übrig. Das wäre traurig und wohl auch nicht ganz im Sinne der Erfinder jenes Feldzugs «Mein letztes Hemd für Schröder», die seit gut zwei Wochen im Internet läuft und dem Bundeskanzler bereits mehr als 6000 dieser Herrenoberbekleidungsstücke beschert hat. Doch gut 1000 der mehr oder weniger guten Teile werden morgen an das Berliner Projekt «Integration statt Ausgrenzung - Kleiderkammer» (IsaK) weiter gereicht.

Dort begegnet man der symbolträchtigen Ware aus dem Kanzleramt eher pragmatisch. Hoffnungslose Hemdenfälle werden von straffällig gewordenen Frauen, die jetzt aber auf dem Weg der Besserung sind, brutal ihrer Knöpfe entledigt und erst einmal endgelagert.

Was hingegen noch einen Nutzen verspricht, kommt - gereinigt und zur Not geflickt - für ein bis zwei Euro in den Weddinger Second-Hand-Laden des Kleiderkammer-Projekts oder auf Kiez-Märkten der Hauptstadt zum Verkauf, auch wohnungslose Männer und die Kältehilfe werden versorgt. Ein schöner Gedanke: Gerhard Schröders Hemden im Einsatz an der vordersten sozialen Front. Vielleicht verirrt sich ja sogar ein maßgeschneidertes Brioni-Edel-Shirt in die Kleiderfuhre aus dem Kanzleramt.

Auch andere soziale Einrichtungen wie das Kolpingwerk profitieren vom textilen Segen. So wird aus einer garstigen Polit-Kampagne doch noch eine gute Tat. Gerade jetzt, wo es in der kalten Welt da draußen verdammt ungemütlich werden kann, dürfte ein Hemd vom Kanzler doppelt wärmen: rein physikalisch - und irgendwie auch geistig.