Poitiers - Das älteste Mitglied der Menschenfamilie lebte schon vor sechs bis sieben Millionen Jahren - und ist damit doppelt so alt wie die berühmte «Lucy» aus Ostafrika. Forscher aus Frankreich und Tschad berichten in der heutigen Ausgabe von «Nature» vom Fund eines Schädels in Zentralafrika. Er stammt wahrscheinlich aus der Zeit, als sich die Linien von Affen und Menschen trennten. Der Schädel könnte die Ansichten über die Herkunft des Menschen revolutionieren.
In der Djurab-Wüste im Norden des Tschad wurden ein gut erhaltener Schädel, zwei Bruchstücke von Unterkiefern und drei Zähne gefunden, sagt Projektleiter Michel Brunet von der Universität Poitiers. Alle Überreste deuten auf ein Wesen mit einer Mischung von primitiven und moderneren Merkmalen, das keiner bisher bekannten Art zugeordnet werden kann.
Der Hirnschädel ähnelt dem eines Schimpansen, der relativ flache Gesichtsschädel, die markanten Wülste über den Augenhöhlen und die kleinen Eckzähne deuten dagegen auf eine Menschenverwandtschaft. Die Datierung ist noch nicht abgeschlossen. Tierfossilien der selben Fundstelle weisen jedoch auf ein Alter zwischen sechs und sieben Millionen Jahre hin. Damit wäre das Fossil der älteste bekannte Vorfahr des Menschen. Der Fund erhielt den wissenschaftlichen Namen «Sahelanthropus tchadensis» aber auch einen Spitznamen: Toumaï. In der Sprache der Wüsten-Bewohner wird dieser Name, «Hoffnung auf Leben», häufig Kindern gegeben, die kurz vor der Trockenzeit geboren werden.
Der Fund von Toumaï lässt es fraglich erscheinen, ob Ost- und Südafrika tatsächlich die Wiege des Menschen seien. Die Tatsache, dass menschenähnliche Wesen 2500 Kilometer entfernt lebten, bedeute, dass sie sich schon früh in sehr viel differenzierteren Formen entwickelten und weiter verbreitet waren als bisher angenommen.