Berlin - Die Zahl der Demonstrationen, Aufzüge und Mahnwachen ist in Berlin auf ein Rekordniveau angewachsen. Mehr als 1500 Versammlungen dieser Art fanden in diesem Jahr bereits statt, 50 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. «Da noch der Wahlkampf für die Bundestagswahlen ansteht, werden wir am Jahresende den bisherigen Höchststand von 2440 Versammlungen im Jahr 1999 deutlich übertreffen», sagte der Leiter der Versammlungsbehörde, Polizeioberamtsrat Joachim Haß, der Morgenpost. Nach Schätzungen der Gewerkschaft der Polizei kosteten die Demonstrationen das Land Berlin in diesem Jahr bereits mehr als 20 Millionen Euro.
«Vor allem der Nahost-Konflikt, der Besuch des US-Präsidenten und die Sparbeschlüsse des Senats waren Anlässe für Demonstrationen», sagt Joachim Haß. Die Folge: In der Innenstadt brach zeitweise der Verkehr zusammen. Und ein Ende der Demonstrationswelle ist nicht in Sicht.
In Artikel 8 des Grundgesetzes heißt es: «Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.» Joachim Haß: «Ort und Zeitpunkt können frei gewählt werden. Die Versammlungsbehörde darf nur in Ausnahmefällen Verbote und Auflagen erteilen. Nur dann, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet ist.» Im vergangenen Jahr bestätigte die Polizei 2360 angemeldete Versammlungen. In nur 60 Fällen wurden Verbote und Auflagen erteilt.
«Durch den Regierungsumzug hat die Berliner Polizei immer mehr Aufgaben zu erfüllen als früher. Doch die Mittel und das Personal für die Behörde werden immer weniger», kritisiert der Berliner Vorsitzende der Polizei-Gewerkschaft, Eberhard Schönberg.
Die politischen Möglichkeiten, die Flut von Demonstrationen, Aufzügen und Mahnwachen einzudämmen, sind indes gering. «Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht», stellt der Leiter der Versammlungsbehörde, Joachim Haß, klar.