"Nee, Sigmar, das war gar nichts"

Berlin - Warum sind die Deutschen Politikverdrossen? Weil eine Grüne Staatsrätin in Kiel mit 46 Jahren in den Ruhestand geht und dennoch absahnt? Oder liegt es nicht eher daran, dass sie es freiwillig tut? Denn das Volk liebt die Mitbestimmung. Und es will nicht mehr wählen, sondern rauswählen. RTL jedenfalls erwartet heute wieder mehr als zehn Millionen Zuschauer, die "mitvoten" wollen, wenn Deutschland erneut einen möglichen "Superstar" aussortiert.

Zum öffentlichen Opfer bereit stehen Alexander, der Oliver-Bierhoff-Typ. Vanessa, die Lolita. Juliette, dankbare Kundin der Haarspray-Industrie. Gracia, der Kurvenstar.

Und natürlich Daniel, der bald beim Standesamt anfragen muss, ob Schräg als zweiter Vorname zulässig ist. Sie alle werden die beinahe gleiche Show abliefern: ambitioniert singen, um anschließend zu beichten, dass sie ganz schön aufgeregt waren. Und dann wird geweint, weil wieder einer rausgeflogen ist. Verlässlich gesteuerte Emotionen, die der Zuschauer goutiert. Mehr jedenfalls als diese Wahlkämpfer, die gar nicht rausgewählt werden wollen. Warum also spielte Dieter Bohlen (Foto) keine größere Rolle in Niedersachsen und Hessen?

"Nee, Sigmar, das war diesmal gar nichts. Deine Stimme kam total nicht rüber, und das Lied, das du dir ausgesucht hast, passte irgendwie saumäßig zum Chor deiner Partei." - "Roland, deine Goldrandbrille ist echt schräg. Aber du sprichst wie Kermit der Frosch." Die ins Schlingern geratene Demokratie muss sich neue Formen suchen. Und wenn die Staatsrätin nicht bald zu singen beginnt, werden wir sie einfach wieder in ihren Job reinvoten.