Es war nicht einfach für Dani Schahin, seine Emotionen nach dem Triumph in ein paar Sätze zu packen. Das Spiel war kaum aus, Dynamo Dresden gerade in die zweite Fußball-Bundesliga aufgestiegen, da drängten sich Fans hinter den Stürmer. Ein erster Versuch des Reporters musste abgebrochen werden. Beim zweiten brachte Schahin gerade noch heraus, er könne das Ergebnis der tollen Leistung im Relegationsrückspiel beim VfL Osnabrück "noch gar nicht realisieren". Dann schüttete ihm ein Anhänger Bier aus einer Flasche über den Kopf.
Gut und Böse waren sich am späten Dienstagabend nach dem in der Verlängerung erzielten 3:1 ganz nahe. Sportlich haben sich Dynamos Spieler die Rückkehr in Liga zwei nach fünf Jahren Drittklassigkeit verdient. Für die Sicherheitskräfte werden Dresdens Fans aber zu einer Herausforderung. Die Anhängerschaft ist als problematisch einzustufen, Gewaltexzesse eines Teils der Fanschar sind eher die Regel als die Ausnahme. Der Liga stehen also heiße Zeiten bevor.
Helmut Spahn, Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes, ahnt nichts Gutes. Er sagt zwar, die Situation im Dresdner Umfeld sei "besser geworden, als sie vor fünf, sechs Jahren war". Er sagt aber auch: "Es wird das eine oder andere Risikospiel mehr geben in der Zweiten Liga. Darunter fallen u.a. mit Sicherheit alle Duelle Dresdens mit anderen ostdeutschen Mannschaften. Wir werden die Auftritte der Dresdner mit erhöhter Sensibilität verfolgen." Das Spiel in Osnabrück dürfte einen Vorgeschmack geliefert haben. Jagd- und Prügelszenen überschatteten die Zweitliga-Rückkehr des achtmaligen DDR-Meisters.
Die meisten Dynamo-Fans feierten friedlich im Stadion, Teile von ihnen aber schlugen wieder mal über die Stränge. Bereits nach einer Stunde musste Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer die Partie unterbrechen, weil sie Feuerwerk abbrannten und Fahnen anzündeten. Aus Sicherheitsgründen pfiff der der Unparteiische schließlich das Duell 15 Sekunden vor dem Ende ab. Dresdner Fans hatten trotz starker Polizeikräfte die Zäune zum Spielfeld erklommen. Kinhöfer flüchtete in die Kabine. "Das mit den Dresdner Zuschauern ist zu viel, da muss etwas passieren", sagte Sebastian Tyralla, Osnabrücks Spielgestalter. Ihm tue es "für Dynamos Mannschaft leid". Denn es ging angesichts von herausgerissenen Sitzschalen, Attacken auf Polizisten und zerstörten Kameras fast unter, dass der Drittligaklub aus Dresden mit zwei tollen Vorstellungen und unbedingtem Willen den Aufstieg errungen hatte. Dresdens Trainer Ralf Loose war zwar froh, dass es "glimpflich über die Bühne gegangen ist". Doch das war eine Frage der Perspektive. Die Polizei vermeldete 14 Festnahmen und 16 Strafanzeigen, weil auch Osnabrücker Ultras das Recht brachen. Einige von ihnen versuchten, den Vip-Raum zu stürmen.
Es gibt einige in Dynamos Umfeld, die sehen die Problematik als ein künstlich dramatisiertes Thema an. Zu ihnen gehört Ulf Kirsten. Der ehemalige Nationalspieler war bis kurz nach dem Mauerfall für Dynamo Dresden tätig, sein Sohn steht beim sächsischen Verein im Tor. Kirsten sagt: "In der Bundesliga kracht es Woche für Woche. Nur wenn in Dresden einer einen Knaller fallen lässt, sind sofort 15 Fernsehteams vor Ort. Das steht in keinem Verhältnis." Es gibt aber auch Fakten, die weisen Dresden als schwierigen Fall aus. Der DFB hat drei Kategorien für Spiele. Sie werden als "Risiko", "unter Beobachtung" oder "unproblematisch" eingestuft. Unter die Kategorie "unproblematisch" aber fiel in Dresden in der vergangenen Saison keine Begegnung.
Immerhin ist der Aufstieg für den Klub finanziell ein Segen. In der Dritten Liga hätte Dynamo Dresden 2,045 Millionen Euro als Bürgschaft stemmen müssen, was nahezu unmöglich gewesen wäre. In der Zweiten Liga sind nun nur 830 000 Euro nötig, die nahezu gedeckt sind. Der Etat soll 14 Millionen Euro betragen. Doch Loose sagt: "Wir planen erst, wenn wir wieder einen klaren Kopf haben."