Basketball

Alba ist zu weich

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Sebastian Arlt

Taylor Rochestie schaute ungläubig: "Echt, wirklich achteinhalb Minuten und kein Punkt?" Ist ja auch kaum zu glauben, da ging es nicht nur dem Spielmacher von Alba Berlin so.

Um exakt zu sein: Acht Minuten und 33 Sekunden lang gelang es dem Berliner Basketballteam im vierten Viertel nicht, den Ball in den Korb der Frankfurt Skyliners zu bekommen. Erst dann verwandelte Derrick Allen in der O2 World zumindest einen von zwei Freiwürfen. Kein Wunder, dass es am Ende aus Berliner Sicht 72:80 stand. Berlins Trainer Muli Katzurin brachte es hart auf den Punkt: "Wir hatten es nicht verdient zu gewinnen."

Jetzt steht es in der Halbfinalserie (Modus "Best of five") 1:1, dahin ist nach der Heimniederlage der Vorteil, den sich Alba durch das 81:80 im ersten Spiel bei den Hessen verschafft hatte. Jetzt geht es wieder bei Null los, allerdings mit dem Vorteil für Frankfurt, in den möglichen noch drei Partien im Falle eines Falles zweimal Heimrecht zu haben. Zum dritten Mal treffen die beiden Mannschaften am Mittwoch in der Frankfurter Ballsporthalle (19.15 Uhr) aufeinander, Spiel vier ist in Berlin für den Sonntag (18 Uhr) terminiert, beide Spiele werden live bei Sport1 gezeigt. Wie auch ein möglicher Showdown, beim Stand von 2:2, wieder in Frankfurt am Donnerstag, 2. Juni.

"Gut, dass wir bald schon das nächste Spiel haben", meinte Heiko Schaffartzik. Es bleibt nur wenig Zeit, um zurückzuschauen und zu grübeln. Wobei ein Blick zurück den Spielern nicht erspart bleiben wird. "Wir müssen schnell aus unseren Fehlern lernen", sagte Katzurin, deshalb werden diese Fehler der Mannschaft mit Sicherheit noch einmal per Video schmerzlich vor Augen geführt.

Vor allem das letzte Viertel, als aus einem 67:56 das 72:80 wurde, war haarsträubend. Es zeigte einmal mehr, dass Alba 2010/2011 eine Wundertüte ist und wohl auch bis zum Saisonende bleiben wird. Zwar hoffte Rochestie, dass es "jetzt das letzte Mal war, dass wir einen Vorsprung nicht halten können".

Allein da fehlt einem der Glaube, weil es sich wie ein roter Faden durch die Saison zieht, dass die Berliner - auch bei vorher guter Leistung - früher oder später einen unverständlichen Einbruch erleben. Selbst komfortable Führungen (wie am Sonnabend ein 60:46 nach 26 Minuten) geben nur selten Sicherheit und Souveränität. Und wenn es dann auch noch gegen eine sehr starke, nie aufsteckende und knallhart spielende Mannschaft wie die Skyliners geht, darf sich niemand wundern, wenn am Ende der Gegner triumphiert.

Bedenklich ist, dass beim 5:24 im letzten Viertel niemand bei Alba in der Lage war, dem Negativtrend gegenzusteuern. Alle gingen im offensiven und defensiven Chaos unter. Vor allem Frankfurts Spielmacher DaShaun Wood, in der Bundesliga in dieser Saison zum wertvollsten Spieler gewählt, düpierte nun die Berliner immer wieder. "Gewisse Dinge wurden dann nicht mehr ausgeführt, obwohl die Spieler darauf eingestellt wurden", bemängelte Katzurin.

"Wie Frankfurt hingelangt hat, war legitim", sagte Alba-Geschäftsführer Marco Baldi. Doch gerade im Bereich Härte machte er bei seiner Mannschaft Defizite aus. "Wir sind keine Holzhackertruppe, aber in diesem Bereich müssen wir uns steigern." Seine Mannschaft komme zuerst einmal "über Basketball spielen", aber, da ist sich Baldi sicher, "nur damit gewinnen wir die Serie gegen Frankfurt nicht". Beispiel Wood. In den letzten zehn Minuten konnte er einige Male ohne Berliner Widerstand zum Korb ziehen, wie Baldi meinte, "da kam unsererseits keine Bahnschranke". Jeder muss eine gewisse Opferbereitschaft zeigen, egal, wie viele Fouls er schon auf seinem Konto hat.

Die Frankfurter gingen da konsequenter und ohne Rücksicht - auch sich selbst gegenüber - zur Sache, entsprechend viele Freiwürfe bekam Alba. Doch die Quote lag nur bei 69 Prozent, nur 24 von 35 Versuchen waren erfolgreich. "Da haben wir zu viel liegengelassen", kritisierte Baldi. Auch das war ein weiterer Grund für die Niederlage. Zum einen fehlten die Punkte am Ende, zum anderen wuchs mit jeder Fahrkarte von Alba die Überzeugung der Frankfurter. Sie fühlten sich in ihrer Taktik bestätigt, den Gegner an die Freiwurflinie zu zwingen. "Das werden sie auch in Frankfurt so machen", schwante Baldi schon. Bei Alba gibt es jede Menge Raum für Verbesserungen.

Ein 5:24 in einem Viertel darf es jedenfalls nicht mehr geben. Wobei es in dieser Saison sogar schon schlimmer kam: Beim historischen 52:103 in Bamberg im Dezember 2010 hieß es im Schlussviertel 5:26. Nichts scheint unmöglich. Die große Alba-Mannschaft um Sasa Obradovic, Wendell Alexis, Henrik Rödl und Henning Harnisch (erzielte null Punkte) schaffte am 11. März 1997 in der Europaliga übrigens in 20 Minuten gerade einmal zwölf Punkte gegen den FC Barcelona. Ein Trost ist das zurzeit aber nicht.

"Gut, dass wir bald schon das nächste Spiel haben"

Heiko Schaffartzik, Spielmacher von Alba Berlin