Zum Beispiel eine dauernde Rechnerei, ob es jetzt schon reicht oder nicht. Denn nach dem 79:86 im Hinspiel bei den Franzosen müssen die Berliner mit mindestens acht Punkten Unterschied gewinnen, um die zweite von maximal drei Runden im Kampf um noch zwei vakante Europaligaplätze zu erreichen. Sollte Alba es trotz dieses Sieben-Punkte-Rückstandes noch schaffen, hieße der nächste Gegner aller Wahrscheinlichkeit nach Hemofarm Vrsac. Die Serben setzten sich bereits im Hinspiel in Israel mit 97:84 bei Hapoel Gilboa Galil durch.
Doch jetzt erst einmal Roanne. Zeit, um über die Niederlage bei den Franzosen nachzudenken, hat niemand. "Wir müssen aufstehen und mit Schwung und Aggressivität die nächste Runde erreichen", fordert Kapitän Patrick Femerling. "Vor allem", so Baldi, "müssen wir Ruhe bewahren." Für Teammanager Mithat Demirel steht fest: "Wenn wir unsere Linie verlassen, wird es sehr schwer."
An Unterstützung der Fans sollte es nicht mangeln. Bereits über 9000 Karten wurden verkauft. "Mit dem Ergebnis im Hinspiel haben wir ja gut dafür gesorgt, dass Stimmung und Spannung geboten werden", sagt Baldi.
Eigentlich kennt Alba die Situation, auf europäischem Parkett Rückstände aus Hinspielen aufholen zu müssen, ganz gut. "Aber so richtig drauf einstellen kann man sich trotzdem nicht", erklärt der Geschäftsführer. Weil die Normalität eben nur Sieg und Niederlage kennt, die Höhe dabei egal ist. Vor einem Jahr in der Europaliga-Qualifikation drehte Alba ein 60:61 gegen Le Mans aus dem Hinspiel in eigener Halle (77:62), danach reichte ein 75:70 daheim gegen Maroussi nicht, nachdem Alba zuvor in Athen 70:79 verloren hatte. Im Eurocup-Viertelfinale triumphierten die Berliner nach einem 61:67 in Jerusalem in der O2 World mit 72:59 gegen Hapoel.
Neue Regeln seit dieser Saison
Auch ein Faktor in diesem ersten Endspiel der Saison für Alba dürften die neuen Regeln sein, die seit dieser Saison gelten. Welches Team hat sich schon besser darauf eingestellt?
Besonders fallen erst einmal zwei Änderungen auf: Die Drei-Punkte-Linie ist nicht mehr wie bisher 6,25 Meter, sondern 6,75 Meter vom Korb entfernt. Die sogenannte "Zone" unter dem Korb hat nicht mehr die gewohnte Trapezform, sie ist nun rechteckig. "Das Spiel wird damit breiter gezogen", hat Alba-Profi Sven Schultze erkannt. Und vermutet, dass der zuständige Weltverband "mehr Punkte haben will".
Patrick Femerling sagt über die neue Entfernung für den Dreier mit gespielter Sorge: "Das wird ja jetzt ganz, ganz schwer für mich." Eher ein Scherz, kommen Drei-Punkte-Würfe des 2,15 Meter großen Centers doch ebenso selten oft vor wie entspannte Momente von Trainer Luka Pavicevic auf der Alba-Bank. Schultze, ein ausgewiesen guter Dreierschütze, sieht die Sache pragmatisch: "Wir haben im Training genug Gelegenheit zum Üben."
Dass die Anzahl der erfolgreichen Distanzwürfe zurückgehen könnte, hat sich im Hinspiel in Roanne immerhin nicht bewahrheitet: Die Franzosen trafen 43 Prozent ihrer Versuche, Alba 40 Prozent - sehr gute Werte.
Baldi sieht "keinen super Einfluss" auf das Spiel, wenngleich er von einer "Angleichung an die NBA" spricht, wo einige der Veränderungen seit Jahr und Tag zum Regelwerk gehören. Spieler wie Femerling sind in sofern tangiert, dass es unter dem Korb für sie etwas mehr Platz gibt, auch weil verteidigende Spieler jetzt noch einen Schritt weiter hinaus in Richtung eines Dreierschützen machen müssen. Was eben "mehr Lücken" (Baldi) reißt. Das Spiel unter dem Korb wird noch wichtiger.
Sehr positiv steht Meistertrainer Svetislav Pesic den Neuerungen gegenüber. Der ehemalige Coach von Alba sieht nun die Balance zwischen Außen- und Innenspiel wieder hergestellt: "Körbe wurden zuletzt immer weniger herausgespielt. Basketball drohte zu einem reinen Wurfwettbewerb zu verkommen, indem verstärkt leichte Dreier gesucht wurden", bemängelt der 61-jährige Pesic. "Diese Fehlentwicklung wird durch die neuen Regeln korrigiert."
Für Alba Berlin heißt es heute Abend allerdings erst einmal, die Fehlentwicklung vom Spiel am vergangenen Dienstag in Roanne zu korrigieren.