Premiere im Wellblechpalast

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Burkhart Pohl

Tausende Mal hat er im Wellblechpalast trainiert, Hunderte von Spielen bestritten, immer im Trikot des SC Dynamo oder des Nachfolgers EHC Eisbären. Heute (19.30 Uhr) kehrt Jan Schertz an die Stätte langjährigen Wirkens zurück - zu einer Premiere. Er spielt nicht für den EHC, sondern erstmals gegen ihn, im Dress der Berlin Capitals.

«Wir haben ja bereits zweimal gegen die Eisbären Juniors gespielt und gewonnen. Ich bin sicher, dass es ein ganz normales Punktspiel wird», rechnet Schertz nicht mit besonderen Vorkommnissen.

Vielleicht aber weiß er ein wenig besser als viele seiner Mitspieler, wo «drüben» die Tore stehen und kann seine Top-Bilanz - mit elf Toren und 19 Vorlagen ist er der beste Scorer der Regionalliga - noch aufstocken. «Mir geht es aber primär nicht darum, Scorer-König zu werden, sondern mitzuhelfen, dass unsere sehr junge Mannschaft besser wird. Denn wir alle ziehen an einem Strang bei dem Ziel, Meister zu werden, um in eine höhere Spielklasse aufsteigen zu können.»

Schertz, der mit Dynamo einmal Meister wurde, dann nach der Wende erst ab-, dann wieder aufgestiegen ist, zwei Jahre in der Bundesliga in Heilbronn spielte, zu den Eisbären zurückkehrte, um in der Oberliga, aber auch in der DEL zu spielen, bekam kein neues Angebot mehr - wohl aber eines vom Nachbarn. Und gleich für zwei Jahre.

«Lorenz Funk machte mir die Bundesliga schmackhaft, ich sagte zu. Als es plötzlich hieß, keine Bundesliga, sondern Regionalliga, war das schon ein Schock. Doch ich blieb aus zwei Gründen: Weil mein Sohn in die Schule kam, wollte ich in Berlin bleiben. Zweitens interessierte mich die Herausforderung, mit den Capitals einen Neuanfang zu machen», berichtet Schertz, und fügt an: «Es war ein Risiko, aber heute muss ich sagen, es hat sich gelohnt. Wir sind auf dem richtigen Weg. Und es macht Spaß, mit Pavel Gross, mit den Trainern Andy Brockmann und Gori Köpf, den vielen jungen Hüpfern und den vielen Fans etwas aufzubauen.»

In vielem war der Tausch Wellblechpalast gegen Deutschlandhalle eine Umstellung, doch Schertz nennt auch Parallelen: «Das Umfeld, alle, die sich für die Sache engagieren, sind mit Herz dabei. Das Training ist professionell wie in der DEL, natürlich auf etwas anderem Niveau. Doch die Stimmung im Team kann nicht besser sein. Gerade hatten wir eine tolle Kabinen-Fete mit Spare-Rips und Bier.»

Der Nationalspieler für Ost und West (eine WM-Teilnahme 1996 in Wien) ist sich sicher, dass «mit zwei, drei Verstärkungen zum Januar» der Regionalliga-Titel errungen wird, weil jeder für jeden kämpft. «Als es in Weißwasser eine Rauferei gab, blieb keiner von uns auf der Bank, jeder mischte mit - ein gutes Zeichen von Teamgeist.»

Auf die Frage, welches sein sportlicher Höhepunkt gewesen sei, sagte Schertz kürzlich: «Der steht noch aus.» Jetzt nennt er das Highlight: «Es wäre die Krönung meiner Karriere, wenn es mit den Berlin Capitals einen Durchmarsch bis in die DEL gäbe.» Eine Frage der Zeit: Am vergangenen Mittwoch wurde Jan Schertz 33 Jahre jung.