«Wir sind unterbelichtet»

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Lars Gartenschläger

Er hatte sich bewusst etwas zurückgehalten in den vergangenen Wochen. Jetzt, da es nicht läuft und Bayer Leverkusen in der Bundesliga mit nur fünf Punkten auf Rang 13 liegt, kann auch Manager Reiner Calmund nicht mehr stillhalten. Vor dem Start in die Champions League, wo der Finalist der vergangenen Saison am ersten Spieltag der Vorrunde morgen (20.45 Uhr, Premiere live) in Athen auf Olympiakos Piräus trifft, sprach er mit der Berliner Morgenpost über die aktuelle Situation.

Herr Calmund, wie groß ist der Frust?

Reiner Calmund: Es fällt schwer, mit der Situation umzugehen, denn ich bin sie nicht mehr gewohnt. Wir haben natürlich auch in Leverkusen schon einige Tiefs gehabt, aber vergangene Saison wurden wir sportlich verwöhnt. Jetzt aber hängen wir im Schacht, das nervt.

Was muss geschehen?

Wir müssen uns überlegen, wie wir aus diesem Dilemma rauskommen. Wir müssen uns fragen, wie so etwas passieren konnte. Ich habe zwar vor der Saison gewusst, dass es nicht einfach wird, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass wir so viele Verletzte haben, und schon gar nicht damit, dass die Mannschaft so schwach spielen würde.

Haben Sie eine Erklärung?

Die schlechten Leistungen hängen damit zusammen, das einfach nix stimmt. Ich sage das mal ganz primitiv: Laufen, kämpfen, spielen - auf dem Gebiet sind wir unterbelichtet. Zwei, drei haben im letzten Spiel Bundesligaformat gezeigt, der Rest nicht. Und das ist einfach zu wenig. Ganz klar.

Das spricht nicht für ein Team mit Ihren Ansprüchen.

Es ist aber zurzeit so, da stimmen die elementaren Dinge nicht. Ich will den Spielern ja nicht unterstellen, dass sie nicht wollen. Sie wollen ja laufen, aber sie laufen vielleicht falsch. Nicht ohne Grund habe ich nach dem Sieg in Rostock davor gewarnt, jetzt zu glauben, alles sei wieder in bester Ordnung.

Ordnung könnte eine Führungsfigur schaffen, die aber hat Bayer scheinbar nicht.

Wenn Sie jetzt das Thema Ballack meinen. Zuerst einmal Folgendes: Ballack können wir nicht ersetzen, deshalb wäre es idiotisch, das jetzt zu diskutieren. Man sagt doch überall, aus dem FC Bayern ist der FC Ballack geworden, und bei der Nationalelf ist Ballack der Dreh- und Angelpunkt. Da stellen wir uns doch nicht hin und sagen: Der fehlt uns nicht. Na klar fehlt er. Aber auch das kann nicht als Entschuldigung gelten, das wäre zu billig. Fehlt noch, dass man das als Alibi nutzt oder einer bei uns meint: Ballack ist weg, also hören wir auf zu spielen. Nee, nee, der fehlt, aber das ist halt so.

Wer könnte für Ballack einspringen?

Lucio und Ramelow, das sind so die Leute, die jetzt auch mal das Heft in die Hand nehmen müssen und es ja auch phasenweise schon machen. Aber ehrlich, ich erwarte da auch von Nationalspielern wie Schneider, Neuville oder Bastürk, dass sie sich auf dem Platz bemerkbar machen. Wir haben ihnen gesagt, dass wir uns das von ihnen wünschen, damit wir wieder vernünftig Fußball spielen.

Den spielte Bayer in der vergangenen Saison . . .

. . . aber im Moment läuft es beschissen.

Muss Leverkusen seine Ziele da neu setzen?

Mit mir braucht zurzeit keiner über Titel und so etwas zu reden. Jetzt müssen wir erst einmal zusehen, dass wir wieder Land gewinnen und dass die Spieler, die bei uns laufen können, mit Leidenschaft versuchen, erfolgreich zu sein. Wir haben Spieler, die in der Lage sein müssen, in unser Spiel wieder Linie reinzubekommen.

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