BM Dublin/Izumo - Am Ende wurden die Nachrichten unterbrochen und die Mitteilung der Nation umgehend übermittelt: Roy Keane ließ über seinen Berater ausrichten: «Ich werde nicht für Irland bei der WM spielen. Es ist besser für die Mannschaft und für den irischen Fußball, wenn ich nicht zurückkehre.» Sieben Tage hatte die Auseinandersetzung gedauert. Sie hatte Züge einer Seifenoper, neben dem Sport war auch die Politik engagiert. Premierminister Bertie Ahern hatte mehrfach angeboten, zu vermitteln. Vergebens, am Ende gibt es nur Verlierer. Dahin auch der Nimbus der fröhlichen, verschworenen und trinkfesten Gemeinschaft, die in der Qualifikation noch den eigentlichen WM-Favoriten Niederlande bezwungen hatte.
Irland startet Sonnabend gegen Kamerun ohne seinen einzigen Weltklassespieler in das Turnier. Dabei schien eine Lösung zum Greifen nahe: Der Kapitän von Manchester United, so hinter den Kulissen getroffen Absprache zu Wochenbeginn, sollte sich in einem Fernseh-Interview offiziell bei der Mannschaft und Trainer Mick McCarthy entschuldigen.
Damit sollte der Streit ausgeräumt werden, in dem Keane am vergangenen Donnerstag den Trainer als Idioten, die Mannschaft als Schafherde und den Verband und die WM-Vorbereitung als unfähig und dilettantisch abgekanzelt hatte.
Nun war der 30-jährige Mittelfeldspieler am Montag 35 Minuten beim staatlichen Fernsehen RTE auf Sendung, aber nichts kam über seine Lippen, was nur im entferntesten wie eine Entschuldigung geklungen hätte.
Das hatten auch Trainer und Mannschaft im Teamquartier im japanischen Izumo so empfunden. Mit 22:0 Stimmen votierte das Team am Dienstag gegen eine Rückkehr Keanes. Nun geriet McCarthy ins Schlingern. Hatte der Coach bisher behauptet, im Fall einer Rückkehr des Suspendierten sofort von seinem Amt zurückzutreten («Unter mir bestreitet Keane kein Länderspiel mehr»), baute er am Dienstagabend dem 58-fachen Internationalen eine Brücke. Der verlorene Sohn kenne seine Handy-Nummer, mit einer persönlichen Entschuldigung ließe sich über alles reden.
Auf der grünen Insel wurde Keane bedrängt, nachzugeben. In Dublin demonstrierten Hunderte von Fans vor dem Verbandssitz am Merrion Square. Der Verband FAI bestellte eine Flugzeug, das in Manchester darauf wartete, den Mittelfeldakteur nach Japan zu bringen. Doch der Sturkopf blieb sich treu - sein Berater teilte der bestürzten Nation mit, er helfe dem Team am meisten, wenn er in Irland bleibe.
Die Reaktionen waren verhalten. «Ich bin froh, dass alles vorbei ist», sagte Brendan Menton, Generalsekretär des Verbandes FAI. «Jetzt können wir uns auf die WM-Vorbereitung konzentrieren.»
«Ich werde weiter mit erhobenem Kopf gehen», sagte McCarthy auf einer Pressekonferenz gestern. Er habe Fehler gemacht und werde weiter welche machen. Die sportliche Schwächung schmerzt den Coach. «Ich bedaure, dass Roy nicht im Team ist. «Aber sonst bedauere ich nichts.»
Die vergangene Woche sei die schlimmste seines Lebens gewesen. «In dieser Situation gibt es keine Gewinner. Wie groß der Schaden ist, werden wir erst nachher wissen. Wir werden nur an Resultaten gemessen.»
Der Coach weiß, dass seine interne Autorität nach seinem Schlingerkurs schwer angeschlagen ist. Der Verband steht ohnehin in der Kritik. Und in der Heimat melden sich bereits die ersten Kritiker zu Wort, die Keane den Rücken stärken. «Er war im Recht», sagte etwa der ehemalige Nationalspieler Ray Houghton, «es wäre am Trainer und an der Mannschaft gewesen, sich bei ihm zu entschuldigen.»
Damit nicht genug. Zudem muss Irland, am 5. Juni Gegner im zweiten Spiel der Vorrunden-Gruppe E Gegner von Deutschland, das Turnier mit nur 22 Spielern bestreiten. Nachmeldungen erlaubt der Weltverband Fifa bis einen Tag vor der ersten Turnierpartie lediglich im Falle von Verletzungen. Dumm gelaufen.