Übertriebener Spieltrieb

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Marcel Stein

Nur zwei Punkte holte der EHC Eisbären am vergangenen Wochenende in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) und Trainer Pierre Pagé kritisierte die hohe Fehlerquote seiner Verteidiger. Ein Abwehrproblem haben die Berliner deshalb aber noch nicht.

Im öffentlichen Teil der Pressekonferenz hörte sich das, was Trainer Pierre Pagé zur Leistung seiner Abwehr zu sagen hatte, noch sehr drastisch an. Die Fehler, zu denen sich seine Spieler derzeit hinreißen lassen, seien einfach zu groß für einen Titelanwärter, sagte der Kanadier. Wenig später in kleiner Runde allerdings relativierte der Coach seine harten Worte. So bedrohlich sei die Situation nun auch wieder nicht, dass sie ihm schlaflose Nächte bereite. Ein echtes Defensivproblem sieht Pagé nicht.

«Warum auch», fragt Kapitän John Gruden, «wir sind Tabellenführer und haben noch immer eine der besten Abwehrreihen der Liga.» Natürlich sei es nicht schön, durch die Fehler in der Verteidigung zu verlieren. Es sei aber auch kein Grund, die Qualität der Abwehr in Frage zu stellen. «Das ist doch keine große Sache», sagt der 32-Jährige. Er hält es sogar für ziemlich normal. Gerade gegen Krefeld hatten weder er noch seine Kollegen einen ihrer besten Tage. «Aber das kommt eben vor. Bisher ist es für uns sehr gut gelaufen, aber wir können nicht in jedem Spiel Spitze sein», sagt der Amerikaner, der bei drei Gegentoren auf dem Eis stand.

Interessant sind solche Spiele wie am Sonntag trotzdem. Denn schließlich zeigt sich dabei, wo noch Potenzial für Verbesserungen vorhanden ist. Schlechte Tage hin oder her. So sah es gegen die Pinguine danach aus, als würden die Aufgaben in der Defensive des öfteren vernachlässigt. Oft stand bei Kontern nur ein Berliner Verteidiger mehreren Gegenspielern gegenüber.

Vorwürfe macht der Kapitän seinen Kollegen jedoch nicht. «Manchmal liegt es einfach an unserer Spielweise. Es ist so etwas wie ein Spaß-System», meint Gruden. Durch die offensive Orientierung können alle ihren Spieltrieb ausleben. Ab und zu übertreiben es die Profis aber damit und zu viel Spaß im Angriff bringt dann etwas Verdruss in der Abwehr mit sich. Ernsthafte Sorgen müssen sich die Eisbären deshalb nicht machen. «Wir wissen ja, was wir zu tun haben. Daran werden wir arbeiten. Das gehört dazu», sagt Gruden.

Sich wegen der Fehler grundsätzliche Schwächen einreden zu lassen, das sei unnötig. Zwar errangen die Hohenschönhauser am vergangenen Wochenende nur zwei Punkte, die geringste Ausbeute der bisherigen Saison. Grudens Resümee fällt dennoch positiv aus: «Wir haben endlich Mannheim geschlagen, das war ganz wichtig für uns.»

Zuvor gab es in dieser Saison gegen die Adler nur Niederlagen. Deshalb sei der Sieg am Freitag besonders wichtig für die Psyche der Eisbären gewesen. Und wahrscheinlich auch ein Grund für die mäßige Leistung am Sonntag. Denn im Bewusstsein, endlich über den Angstgegner der letzten Zeit triumphiert zu haben, dürften die Berliner auch etwas zu locker in die Partie gegen Krefeld gegangen sein.

Ein Problem könnte in den nächsten Tagen aber tatsächlich auf die Eisbären zukommen. Denn am Sonntag stand Torhüter Oliver Jonas mit einer leichten Grippe auf dem Eis. Sollte die Krankheit heftiger werden, hätte der EHC keinen DEL-tauglichen Torhüter. Immerhin soll der Kanadier Richard Shulmistra zum Monatsende wieder auf der Bank Platz nehmen können. Bei seiner Leisten-Operation (eingeklemmter Nerv) wurden keine weiteren Schäden festgestellt, so dass Shulmistra in zwei Wochen wieder mit dem Training beginnen kann.