Tausch der Söhne

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Matthias Brzezinski

Keke Rosberg zieht genüsslich an seiner Havanna. Der Formel-1-Weltmeister von 1982 bevorzugt bei Zigarren Double Corona, also die doppelt Größe des Standardformats. Doppelt hält besser, reicht aber nicht immer.

Jedenfalls nicht, wenn es um Nico Rosberg geht. Der 17-jährige Sohn des Finnen hat in der abgelaufenen Saison die Formel ADAC-BMW souverän gewonnen. 2003 steht die Formel 3 auf dem Programm. Aber in welchem Team? Bei Vater, bei KMS oder beim Berliner Teamchef Peter Mücke?

Letztere Variante brächte ein Novum in der deutschen Motorsport-Historie - Söhnetausch. Denn Mücke-Filius Stefan fuhr in seinem ersten DTM-Jahr (2002) im Rosberg-Team. Und daran soll sich, wenn es nach Keke Rosberg geht, auch nichts ändern. «Der Stefan hat sich stetig verbessert. Er hat gezeigt, dass er enorm fleißig ist, lernen will und lernen kann. Ich würde ihn gern behalten für das nächste Jahr. Wenn er da weitermacht, wo er am Saisonende aufgehört hat, gehört er zu den jungen Leuten, auf die wir aufbauen können, die der Motorsport dringend braucht. Die DTM kann nicht nur von Stars wie Jean Alesis leben», lässt der mittlerweile 54-jährige Ex-Champion wissen.

Da liegt es nahe, wenn Nico unter die Fittiche von Peter Mücke genommen würde. Keke Rosberg: «Wir reden miteinander. Aber ich muss auf Nico achten, sehen, was er will. Er wäre das erste Mal weg von Vater, auch wenn ich mich beim Formel-3-Team nicht so intensiv einmische wie in der DTM. Peter Mücke wäre aber ganz sicher eine gute Alternative.» Das zu hören, freut den Berliner Teamchef, doch «unterschrieben ist noch nichts».

Denn Motorsport kann sehr kompliziert sein. Die Mücke-Autos verdanken ihren Vortrieb Mercedes-Motoren. Und Nico Rosberg dürfte, nicht nur wegen seines Erfolges in der Formel-BMW (übrigens vor Mücke-Schützling Maximilian Götz), bei den Weiß-Blauen bereits in einigen Notizbüchern an exponierter Stelle notiert sein.

Den Grund dafür lieferte er kürzlich in Barcelona, bei einem Test des aktuellen BMW-Wiliams-Formel-1Renners. «Das Geilste, was ich je erlebt habe, auch wenn ich am nächsten Morgen meinen Kopf nicht vom Kissen heben konnte, so haben mir die Nackenmuskeln weh getan», beschreibt Nico Rosberg, der ganz nebenbei in Monaco sein Abitur gemacht hat, die 39 Runden im zweitbesten Rennwagen der Saison 2002. Obige Aussage hätte er auch in Englisch, Französisch und Italienisch machen können - Nico Rosberg ist ein Sprachtalent. Nur Finnisch spricht er nicht. «Das gibt nur Probleme, wenn ich mit meiner Oma reden will», grinst der Blondschopf.

Derweil platzt Vater Rosberg fast vor Stolz: «Das muss man sich mal vorstellen. Nico hat erst 20 Autorennen gefahren. Dann steigt er in den Formel 1, mit einem Lenkrad wo du 20 Knöpfe hast. Da bräuchte ich eine Woche, um die zu lernen. Und dann fährt er einfach los. Und nicht langsam. Unser Ziel ist die Formel 1. Denn Nico hat bewiesen, dass er sich dort einen Platz verdienen kann.»

2005 ist angedacht, wenn alles optimal läuft. Womit sich der Kreis zur Formel 3, die im kommenden Jahr als Europameisterschaft ausgetragen wird, wieder schließt. Nico Rosberg muss sicher nicht gleich Meister werden, aber er muss überzeugen. Das weiß er genau, und ist deswegen unsicher. «Ich bin eigentlich mit meiner Entscheidung schon viel zu spät dran. Man müsste mit dem neuen Team schon Winterpläne gemacht haben. Aber ich mache mir immer noch einen Kopf», gab er auf der BMW-Saisonabschlussfeier im Kitzbühel zu. «Innerhalb der nächsten Woche wird die Entscheidung fallen», kleidet Keke Rosberg eine Spur väterlicher Ungeduld in Worte.

Ganz egal, ob es mit dem Söhnetausch Mücke - Rosberg 2003 klappt. Siebenmal werden sich im Saisonverlauf die Wege kreuzen, weil dann DTM und Formel 3 am gleichen Wochenende auf gleichen Rennstrecken ihre Wettbewerbe durchführen.