Als IOC-Präsident Jacques Rogge am Ende um das Handzeichen bat, verweigerte nur noch ein halbes Dutzend die Kapitulation. Mit 108:6 Stimmen bestätigte die 114. Session des Internationalen Olympischen Komitees in Mexiko-Stadt das 1999 ausgesprochene Reiseverbot ihrer Mitglieder in olympische Bewerberstädte.
Es war der Tag Rogges, der einen Kantersieg landete. Das Resultat fiel weit klarer aus als es die einstündige kontroverse Debatte hatte vermuten lassen. Der Belgier erwies sich dabei als Meister der Strategie. «Ich müsste über dieses Thema gar nicht abstimmen lassen, weil kein offizieller Antrag eingereicht wurde. Aber ich weiß, wie sehr es viele bewegt», sagte er zu Beginn und fügte hinzu: «Wir alle hier im Saal sind Ehrenmänner, aber dazu brauchen wir keine Reisen durch die Welt.»
Das mochten eine Reihe von Delegierten, sämtlich aus Asien und Amerika, nicht einsehen. «Wozu sind wir dann überhaupt da?», fragte der Nordkoreaner Ung Chang erzürnt, doch die Reformer hatten den längeren Atem. IOC-Vize Kevan Gosper (Australien) erinnerte an den Bestechungsskandal um Salt Lake City: «Da waren wir fast tot. Ich wundere mich über manches kurze Gedächtnis.» Ende 1999 hatte der erste Reformkongress das Verbot mit 89:10 Stimmen ausgesprochen.
Als zusätzlichen Trumpf zog Rogge das finanzielle Argument aus der Tasche: «Wenn das Verbot aufgehoben wird, gibt es künftig nur Gruppenreisen durch das IOC. Das kostet uns bei fünf Bewerberstädten rund zehn Millionen Dollar.» Auch Thomas Bach war in den Ring gestiegen. «Wollen wir uns wirklich wie kleine Kinder herumführen lassen, von einem Tross an Kameras begleitet - was wäre das für eine Ehre?», fragte der IOC-Vize. Frankreichs ehemaliger Skistar Jean-Claude Killy («Welche Verschwendung an Zeit und Geld wäre das») lag dabei auf seiner Linie.
Fifa-Chef Sepp Blatter gehörte dem schweigenden Rest an, versicherte aber hinterher: «Eine andere Entscheidung durfte es nicht geben.» In seinem Fußballverband wird allerdings weiter herumgereist: «Das sind bei uns viel weniger Leute, das kann man nicht vergleichen.» sid