Eisiges Klima beim Meister

| Lesedauer: 4 Minuten
Heinz Büse

Der deutsche Fußball-Meister Borussia Dormund tritt in der Champions-League-Zwischenrunde heute um 18.45 Uhr bei Lokomotive Moskau an. Angesichts der Leistungsstärke der dann folgenden Kontrahenten AC Mailand und Real Madrid ist ein Sieg in Moskau Pflicht.

Bei Borussia Dortmund herrscht schon vor dem Auftritt im winterlich kalten Moskau frostige Stimmung. Das 0:2 beim VfL Wolfsburg und der Sturz auf den vierten Bundesliga-Tabellenplatz waren Matthias Sammer mächtig aufs Gemüt geschlagen. Nach vier Niederlagen in den vergangenen fünf Spielen ist seine Geduld mit den Profis aufgebraucht. «Ich sehe kein Gift und keine Galle mehr in den Augen meiner Spieler, sondern nur noch Selbstzufriedenheit», klagte der Borussen-Coach und stellte vor dem Start in die 2. Gruppenphase der Champions League gegen Lokomotive Moskau heute (18.45 Uhr, Premiere) eine härtere Gangart in Aussicht.

Dies wird als einer der ersten Profis Sebastian Kehl zu spüren bekommen. Der Nationalspieler erschien am gestern nicht zum Treffpunkt und konnte die Reise nicht mit der Mannschaft antreten. «Das ist eine Undiszipliniertheit sondergleichen. Er bekommt eine Geldstrafe», wetterte Sportmanager Michael Zorc. Der Mittelfeldspieler, der für die Partie fest eingeplant ist, soll mit einer späteren Maschine nach Moskau fliegen.

Angesichts solch hochkarätiger Gruppen-Konkurrenten wie Real Madrid und AC Mailand ist ein Sieg beim frisch gekürten russischen Meister fast schon Pflicht. Doch weil mit der mäßigen Form der vorigen Wochen das hehre Ziel vom Viertelfinale der Champions League schnell in weite Ferne rücken könnte, redet Sammer Klartext. «Die Selbstzufriedenheit war schon immer unser größter Feind. Der will sich nun wieder einschleichen - das müssen wir verhindern.» Allein der Blick auf die jüngste Horror-Bilanz gibt dem Coach recht. Seit der hoch gelobten Darbietung beim 2:1-Erfolg gegen Arsenal London zeigt die Formkurve seines Starensembles bedrohlich nach unten. Nur beim glanzlosen 1:0-Erfolg im Heimspiel gegen den TSV München 1860 blieb der deutsche Meister im Soll, gegen den Hamburger SV (1:1), SC Freiburg (0:3), FC Bayern (1:2) und Wolfsburg jedoch hinter den Erwartungen zurück.

Selbst die Rückkehr diverser verletzter Profis sowie eine einwöchige Spielpause vor der Partie bei den «Wölfen» konnten den Trend nicht stoppen. «Wir müssen unbedingt wieder auf Kurs kommen», sagte Sammer voller Hoffnung auf ein befreiendes Erfolgserlebnis. Die an Tomas Rosicky gerichtete Frage eines russischen Journalisten, was er sich in Moskau kaufen würde, beantworte der BVB-Spielmacher deshalb in Sekundenschnelle: «Drei Punkte - wenn es möglich wäre.»

Zumindest personell besteht kein Grund zur Schwarzmalerei. Zwar kehrten Nationalspieler Christoph Metzelder (Oberschenkel-Prellung) und Kapitän Stefan Reuter (Knieprobleme) mit Blessuren aus Wolfsburg zurück, dürften dem Coach aber zur Verfügung stehen. Auch Lokomotive-Trainer Juri Sjemin hat nach den Feierlichkeiten zu Ehren des ersten Meistertitels in der Vereinsgeschichte keine Verletzungssorgen. «Wir wollen die positiven Emotionen nach dem Titelgewinn mitnehmen», sagte der Coach, dessen Sohn den BVB zuletzt zwei Mal beobachtete.

Genauso groß wie der Respekt vor dem Gegner, der in der ersten Gruppenphase der Champions League immerhin den FC Brügge und Galatasaray Istanbul ausschalten konnte, ist der Respekt vor der Kälte. Für die Partie in Moskau erwarten die Meteorologen zwar einen wolkenfreien Himmel, aber Temperaturen bis Minus zehn Grad Celcius. Eine Rasenheizung soll allerdings für vernünftige Verhältnisse sorgen. Trainer Sammer hatte etwaige Klagen im Keim erstickt: «Wenn es dort jemandem zu kalt ist, dann soll er das sagen. Der kann dann gerne hier bleiben.» dpa