Das Spiel gegen die HSG Tarp-Wanderup am vergangenen Wochenende war seit einer halben Stunde vorbei. Wieder endete es mit einer Niederlage. Die Tribünen im Horst-Korber-Sportzentrum wurden eingefahren, die Halle aufgeräumt. Jörg Hok saß auf einer Bank und sagte: «Ich hoffe, dass der Knoten auch für uns mal platzt und es nach oben geht.» Aus den Lautsprechern dröhnte, warum auch immer, «We are the Champions». Es gibt kaum ein Lied, dass weniger zur aktuellen Situation der Reinickendorfer Füchse in der Zweiten Handball-Bundesliga passt.
Vier Spiele, null Punkte, 18. und letzter Tabellenplatz. Seit der bitteren Heimpleite gegen Tarp-Wanderup (28:31) ist der Fehlstart nicht mehr wegzureden. «Das ist eine Kopfsache. Wir sind noch nicht so weit, dass wir 60 Minuten mithalten können», sucht Rückraumspieler Hok nach Erklärungen.
In der Tat konnte der Aufsteiger in drei Partien über drei Viertel der Zeit mithalten. Stellte aber jedes Mal zwischendurch das Handballspielen ein. Gegen Tarp von der 16. Minute bis zur Pause. Folge: Aus einem 9:8 wurde ein 10:18. «Das ist nicht zu fassen», ist Manager Thomas Micheli ratlos.
Ratlos ist derzeit auch Jörg Hok. Er weiß nicht, wie es - beruflich und sportlich - weitergeht. Das Eine hängt dabei untrennbar mit dem Anderen zusammen: Die Füchse können nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung zahlen. Alle Spieler studieren oder arbeiten.
Was auch Hok liebend gern täte. Doch der Ingenieur, der Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen studiert und abgeschlossen hat, findet in Berlin keinen Job. Trotz intensiver Bemühungen seinerseits und des Vereins. «Ich fühle mich unheimlich wohl in Berlin. Aber von irgendetwas muss ich ja leben», sagt der gebürtige Rostocker.
Bis spätestens Mitte November gibt sich der 2,04 Meter große Hüne noch Zeit. Sollte sich bis dahin nichts getan haben, würden die Füchse einen ihrer Leistungsträger ziehen lassen müssen. Im westdeutschen Raum gebe es mehrere Angebote, erzählt Hok. Sowohl von Arbeitgebern als auch von Handball-Vereinen. «Aber ich habe noch Hoffnung, dass es hier klappt.» Momentan liegen zwei Bewerbungen bei Berliner Firmen.
Sollte Hok gehen, wäre das für den Verein ein weiterer Tiefschlag. Der Kader ist ohnehin sehr dünn besetzt. Ein Spieler für den Rückraum und besonders einer für den Kreis fehlt. Aber woher nehmen? Mit Ach und Krach konnte der Etat von 200 000 Euro gesichert werden, der 43-jährige Torwart Jörg Herrmann fungiert als Spielertrainer.
Die Mannschaft ist fast identisch mit der, die den Aufstieg geschafft hat. Einzig Goran Stupar ist neu im Team. Er hat vor einigen Jahren sogar in der jugoslawischen Nationalmannschaft gespielt, sich aber in letzter Zeit vor allem seinem Restaurant in Waidmannslust gewidmet.
Von Anfang an hieß es, man habe nur eine Chance auf den Klassenerhalt, wenn alle Spieler fit seien. Die Realität: Kapitän Michael Jantzen fehlte in der Vorbereitung lange wegen einer Knieverletzung, Stupar plagt sich noch mit den Folgen einer Rippenprellung herum. Die gleiche Verletzung zog sich Stammtorhüter Alberto Chamber-Montalvo gegen Tarp-Wanderup zu. Hok wurde bei einer rüden Attacke im Spiel in Hildesheim die Nase gebrochen.
Heute treten die Füchse beim Tabellenvierten TV Emsdetten an. Klingt nicht unbedingt nach dem Gegner, wo das dringend benötigte Erfolgserlebnis machbar scheint. Aber bald muss es klappen. Damit «We are the Champions» nicht von Woche zu Woche noch unpassender klingt.