Nach der Arbeit ist vor der Arbeit. Rund zwei Stunden inklusive Unterbrechungen dauerte das Spiel ihres Lebens - und genauso lang zog sich der Vierkampf aus Siegerehrung, Fototermin, Autogrammen und Interviews hin. Die Volleyball-Damen aus Italien mussten nach dem 3:2 über die USA im WM-Finale in der Berliner Max-Schmeling-Halle, dem elften Spiel in 17 Tagen, noch einmal alles geben - und genossen es in vollen Zügen.
«Das ist einfach zu schön, um wahr zu sein, fantastisch», versuchte Paola Cardullo ihre Gefühlslage in Worte zu fassen, «alle reden in Italien über uns.» In der Nacht vor dem Finale furioso hatte sie vor Aufregung kaum geschlafen. «Ich träumte nur von Volleyball. Ich hatte das Gefühl, die Nacht durchgespielt zu haben.»
Anfänglich war gegen die favorisierten US-Girls auch bei Cardullos Mitspielerinnen deutlich Nervosität zu spüren, doch mit Beginn des zweiten Satzes spielte sich die Squadra azzurra wie im Rausch zum größten Triumph in der Geschichte des italienischen Frauen-Volleyballs, nie zuvor gab's bei einer WM oder Olympia eine Medaille.
Großen Anteil am Erfolg hat Coach Marco Bonitta. Seitdem er das Team 2001 übernahm, formte er aus guten Einzelakteurinnen eine Einheit. «Er hat uns die Mentalität vermittelt, um schwierige Situationen zu meistern», sagt Elisa Togut, wertvollste Spielerin des Turniers. «Der Trainer hat unheimlich viel mit uns gearbeitet. Er achtet auf viele Details und verlangt immer das Maximale», erläutert Cardullo, «aber außerhalb des Trainings ist er sehr locker, wir lachen sehr viel.»
Den Herren des italienischen Volleyball-Verbands dürfte indes das Lachen kurzzeitig vergangen sein. Soviel Erfolg hatten sie Bonitta und seinem Team wohl doch nicht zugetraut. So lobten sie vor der WM generös die atemberaubende Prämie von 780 000 Euro für den Gewinn der Goldmedaille aus. Allerdings, so die Gazzetta dello Sport, wurden die Prämien nicht versichert. Nach Angaben des Blattes droht dem Verband nun möglicherweise der Bankrott. Vielleicht spült ja der durch die WM forcierte Volleyball-Boom in Italien wieder ein paar Euro in die Kasse.