Fußball ohne Fiesta

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Jörg Vogelsänger

In der an diesem Wochenende beginnenden «Liga der Sterne» werden kleinere Brötchen gebacken. Hatten die spanischen Vereine in der vergangenen Saison noch gut 300 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben, sind es diesmal «nur» 90 Millionen gewesen. Erstmals in einem Jahrzehnt gab es keinen spektakulären Wechsel. Einziger Lichtblick für die verwöhnten Fans versprach der Transfer von Superstar Ronaldo von Inter Mailand zu Real Madrid zu werden. Kurz vor dem heutigen Transferschluss bietet Real für den Weltmeister 40 Millionen Euro plus den Argentinier Santiago Solari.

«Die Party ist aus», stellt Real-Manager Jorge Valdano ernüchtert fest. Die spanische Fußball-Fiesta ist zu Ende. Denn das Geld fließt längst nicht mehr wie früher, die Zeiten der Rekord-Wechsel wie die von Zinedine Zidane (78 Millionen Euro) oder Luis Figo (70 Millionen) sind selbst für den zweitreichsten Verein der Welt passé. Die Fusion der beiden TV-Digitalplattformen schwächte die Verhandlungsposition der Klubs. Die Sender bieten für die Übertragungsrechte nur noch halb so viel, wie von der Liga verlangt.

Nun leiden die Vereine unter ihrer teuren Stars. Der FC Barcelona schob gar für Null Cent Ablöse den brasilianischen Torjäger Rivaldo zum AC Mailand ab - zu sehr belastete sein Salär von jährlich sechs Millionen Euro netto die Klubkasse. Und Zidane bot den «Königlichen» an: «Ich bin bereit, weniger zu verdienen.»

Sechs der Vereine der Primera Division, darunter Rekordmeister Real, Titelverteidiger FC Valencia und Jupp Heynckes' Klub Athletic Bilbao, investierten für diese Saison keinen Euro in neue Spieler. Wenn es Neuverpflichtungen gab, dann auf der Grundlage des Rivaldo-Modells. So angelte sich «Barca» praktisch zum Nulltarif das spanische Mittelfeld-Ass Gaizka Mendieta von Lazio Rom. «In der spanischen Liga geht es zu wie beim Schlussverkauf», meint die Zeitung «El País».

Lediglich Deportivo La Coruña (27 Millionen Euro) und Aufsteiger Atlético Madrid (20 Millionen) griffen tiefer in die Kasse. Teuerster «Star» unter den Neuzugängen ist der spanische Nationalstürmer Albert Luque, für den La Coruña geradezu lächerlich wirkende 15 Millionen Euro hinblätterte.

Einziger deutscher Profi in der Primera División ist Robert Enke. Der 25-Jährige wird sich am riskanten Job des Torhüters beim FC Barcelona versuchen. Der Ex-Mönchengladbacher wechselte von Benfica Lissabon zu den Katalanen. Der «fliegende Robert» hat eine schwere Hürde zu nehmen: Er muss sich den Stammplatz erkämpfen, den zuletzt Roberto Bonano, Mitglied des argentinischen WM-Kaders, innehatte.

Und damit nicht genug: Aus dem Duell der beiden «Robertos» wurde mittlerweile ein Dreikampf. Nachwuchskeeper Víctor Valdés, der eigentlich nur für das B-Team in der dritten Liga vorgesehen war, stahl Enke und Bonano in der Saison-Vorbereitung die Show. Nun scheint der 20-Jährige plötzlich der lachende Dritte zu sein. Enke selbstbewusst: «Ich habe keine Angst vor der Herausforderung.»

Als Favoriten für den Titel gelten in dieser Saison neben Real Madrid und Erzrivale Barcelona Titelverteidiger Valencia und Pokalsieger Deportivo La Coruña. Nach dem neunten Sieg in der Champions League sind die «Königlichen» unter Vicente del Bosque auf die 29. Meistertrophäe heiß.

Barcelona verpflichtete nach drei Jahren ohne Titel erneut den in seiner Heimat als Bondscoach gescheiterten Niederländer Louis van Gaal, mit dem die Katalanen trotz aller Kritik an der Spielweise immerhin seine zwei letzten Liga-Titel holen konnte. dpa