Spiel mit dem Feuer

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Udo Muras

Das Chaos-Theater auf dem Betzenberg hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Nach wochenlangen Querelen und sportlichem Misserfolg musste Trainer Andreas Brehme gehen. Als möglicher Nachfolger ist unter anderen der ehemalige Hertha-Coach Jürgen Röber im Gespräch

Die 40. Saison der Fußball-Bundesliga hat ihre erste Trainerentlassung, und der 1. FC Kaiserslautern erlebt den nächsten Akt im Pfalz-Theater. Der Klub trennte sich einen Tag nach dem 0:3 in Mönchengladbach von Teamchef Andreas Brehme. Unmittelbar danach trat der Vorstandsvorsitzende Jürgen Friedrich nach sechs Jahren Amtszeit zurück.Vorerst präsentiert der Verein nur Interimslösungen: Friedrich wird von Vorstandsmitglied Gerhard Herzog und Prokurist Erwin Göbel ersetzt, für Brehme rücken Co-Trainer Karl-Heinz Emig und Ex-Profi Michael Schjönberg nach.

Als kommender Cheftrainer werden Jürgen Röber und Falko Götz, beide zuletzt bei Hertha BSC, Frank Pagelsdorf (zuletzt beim HSV) und Christian Gross, derzeit beim FC Basel, gehandelt. Röber: «Wenn etwas vom FCK kommen würde, dann würde ich mir das anhören. Aber derzeit gibt es keine Kontakte, und selbst wenn, würde ich es nicht sagen.» Gross wird ins Spiel gebracht, weil Basels Präsident René C. Jäggi (53) als designierter FCK-Vorstandsvorsitzender gilt.

Mit Stellungnahmen geizten die Verantwortlichen des Tabellen-16. Friedrich und Brehme waren nicht zu sprechen, andere Mitglieder aus Aufsichtsrat und Vorstand verwiesen auf die dürre Pressemitteilung, die sich nur auf den Trainerwechsel bezog: «Der 1. FC Kaiserslautern trennt sich mit sofortiger Wirkung von Teammanager Andreas Brehme. Ausdrücklich dankt der Aufsichtsrat Andreas Brehme für seine Arbeit», heißt es da. Brehme hatte sein Amt im Oktober 2000 angetreten und das Saisonziel, in den Uefa-Pokal zu kommen, in den folgenden beiden Spielzeiten knapp verpasst.

Nach Morgenpost-Informationen war die Ablösung des Weltmeisters von 1990 schon vor dem Gladbach-Spiel beschlossene Sache gewesen, da der Druck aus der Öffentlichkeit und der Mannschaft zu groß geworden war. Die Treuebekundungen von Friedrich («So lange ich Präsident bin, bleibt Brehme Trainer») hatten jede Wirkung verloren, als der Vorsitzende vor einer Woche seinen vorzeitigen Rücktritt ankündigte. Nun hat er Ernst gemacht, offenbar auch um dem von der Führung auserkorenen René C. Jäggi Platz zu machen.

Jäggi, der im Herbst als Präsident des FC Basel ausscheiden will, traf sich am Sonntagabend mit Vorstand und Aufsichtsrat, um sich selbst ein Bild von den diffusen Machtverhältnissen im Verein zu machen. Ermutigend konnten die Auskünfte nicht gewesen sein, Friedrich hatte noch am Sonnabend gesagt: «Der ganze Verein befindet sich im Auflösungsprozess.»

In der Tat: Da die Oppositionsgruppe «Unser FCK» eine Außerordentliche Mitgliederversammlung zwecks Abwahl des Aufsichtsrates beantragen will, könnte es passieren, dass Jäggi von einem eventuell neu zusammengesetzten Vorstand abgelehnt werden würde. Nicht zuletzt deshalb bat sich der Geschäftsmann Bedenkzeit bis zum 3. September aus. Bis dahin will der Klub dazu nichts sagen, angeblich wurde eine Nachrichtensperre verhängt.

In der Zwischenzeit dürfte «Unser FCK» die Außerordentliche Mitgliederversammlung beantragt haben. Dazu hätte es schon gestern kommen sollen, doch über Nacht wurde in die Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Andreas Kirsch, dem Oppositionsführer, eingebrochen. Die Täter schlugen eine Scheibe ein, durchwühlten den Schreibtisch und rissen Aktenordner heraus. Laut Kirsch waren es Ordner mit den Buchstaben F, W und O. Mutmaßungen, dass die Einbrecher Unterlagen über Friedrich und Robert Wieschemann (dem zurückgetretenen Aufsichtsratschef) gesucht hätten, wollte er nicht kommentieren. Das O könne jedoch für den Ex-Spieler Perica Ognjenovic stehen, den Kirsch, im Nebenberuf Spielervermittler, dem FCK vermittelt hatte. Suchte da jemand Belastungsmaterial?

Pikanterweise entwendeten die Einbrecher nur Listen mit Mitglieder-Unterschriften, mit deren Hilfe die Außerordentliche Versammlung zu Stande kommen soll. Die Stimmen sollten gestern abgegeben werden. Nun verzögere sich die Abgabe um ein bis zwei Tage, sagte Kirsch, der sich heute mit dem Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, treffen wird.

Das besorgte Vereinsmitglied Beck will alle Kräfte an einen Tisch bringen. Beck: «Für Hunderttausende von Menschen ist der FCK ein emotionaler Anker im Alltagsleben. Niemand hat ein Recht, das kaputt zu machen.»

Chaos-Klub

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