Peter Neururer - Comeback weit oben
Er nimmt jede Vorlage volley. Egal, ob er unten, mittendrin oder oben steht. Herzlichen Glückwunsch zur Tabellenführung für eine Nacht, hört Peter Neururer, Trainer des VfL Bochum, und lauert schon. Wie fühlt sich das an? «Völlig normal. Ist ja nicht das erste Mal!»
Man muss wissen, dass dieser Fußballlehrer, dessen Karriere als Motto für das Spiel «Deutschlandreise» stehen könnte (Essen, Aachen, Gelsenkirchen, Hertha, Saarbrücken, Hannover, Köln, Düsseldorf, Offenbach, Ahlen und Bochum), ein fast enzyklopädisches Gedächtnis für Fakten und Anekdoten hat. In 265 Zweitliga-Spielen und nun 96 Erstliga-Auftritten als Rumpelstilzchen an der Seitenlinie kommt 'ne Menge zusammen. Eine halbe Stunde mit Peter Neururer liefert mehr Komik als Raab, Schmidt und Müntefering in einer ganzen Woche.
«1996 mit Köln haben wir zum Saisonstart Drei-Null in Düsseldorf gewonnen, dann Eins-Null bei Achtzehnhundertsechzig und dann Drei-Eins in Freiburg. Damals waren wir Erster. Also ist es in gewisser Weise ein Comeback», sagt der 47-Jährige und lacht. Er genießt das 3:1 in Nürnberg. «Bundesliga - das ist die Renaissance meines Traumes. Endlich bin ich wieder dort, wo ich hingehöre. Es war ein Albtraum, immer nach oben schauen zu müssen.»
265 Mal im Unterhaus. Schmerzen hat er ausgestanden. Im Genick und noch mehr etwas weiter oben, dort, wo das Ego sitzt.
Jetzt ist er wieder da. Nach Erstliga-Episoden mit Saarbrücken, Hertha BSC und Köln. «Berlin zählt nicht, da war ich nur anwesend. Hertha war ein Oberliga-Klub, der sich in die Bundesliga verirrt hatte. Selbst wenn ich 20 Mal die Champions League gewinne, werde ich den Irrsinn von 1991 nicht vergessen.» 2:20 Punkte, 15:40 Tore.
Der erste Spieltag zurück im Glück dauerte bis 3 Uhr nachts. Rückfahrt mit dem Bus, dann direkt vor die Glotze. «Mein Sohn nimmt immer alles auf, was den ganzen Tag an Fußball läuft. Damit entspanne ich mich dann.»
Selten so gelacht. Peter Neururer und Entspannung beim Fußball. Dann relaxt auch Edmund Stoiber bei der freien Rede. Neururer steht immer unter Dampf. In Zeiten der Arbeitslosigkeit betreute er Reisegruppen - auf Fußballreisen, natürlich.
Im vergangenen Dezember wurde er bei LR Ahlen entlassen. Sechs Tage später heuerte er in Bochum an. Gemeinsames Ziel Bundesliga, und sonst gar nichts. Vor dem letzten Zweitliga-Spieltag war der VfL nur Vierter. Neururer ließ trotzdem kein Hintertürchen offen, garantierte den Aufstieg in der Hoffnung auf Schützenhilfe des 1. FC Union gegen Mainz 05. Mission erfüllt. Und die neue heißt: «Mit dem Abstiegkampf wird der VfL erst gar nichts zu tun haben.»
Peter Neururer ist wieder da. Erfahrener, aber kein bisschen leiser. «Der Klassenerhalt ist kein Ziel, sondern Selbstverständlichkeit.» Die Tabellenführung wird trotzdem wohl die große Ausnahme bleiben.