Dirk Nowitzki erschien im Trainingsanzug, als sich die Spieler der deutschen Basketball-Nationalmannschaft gestern Abend in einem Nebenraum der Max-Schmeling-Halle zu ihrem letzten Vorbereitungsabschnitt auf die bevorstehende WM in Indianapolis (29. August bis 8. September) versammelte. Beim Übungsprogramm von Bundestrainer Henrik Dettmann war der NBA-Star von den Dallas Mavericks allerdings zum Zuschauen gezwungen. Nicht etwa auf Grund der Nachwirkungen seiner Fußoperation Ende Mai, die ihn wochenlang außer Gefecht setzte. «Es gibt noch immer Unklarheiten wegen der Versicherung», erklärte der 24 Jahre alte Franke, auf dessen Schultern bei der WM die Hoffnungen des deutschen Teams ruhen sollten.
Am Samstag meldete sich Mark Cuban, Boss von Nowitzkis Arbeitgeber Dallas Mavericks, bei den Verantwortlichen des Deutschen Basketball Bundes (DBB), und untersagte den Einsatz seines Angestellten bei Spiel und Training, ebenso wie den des im vergangenen Jahr eingebürgerten Deutsch-Amerikaners Shawn Bradley. «So lange die Versicherungsfrage nicht vollständig geklärt ist, kann keiner unserer Jungs bei der WM spielen», erklärte Cuban gegenüber der «Dallas Morning News».
Neben den beiden Deutschen wären auch die US-Amerikaner Finley und LaFrentz sowie der Kanadier Nash vom WM-Ausschluss betroffen. Cuban ist der Meinung, dass es keine adäquate finanzielle Absicherung für seinen Klub gebe, sollte sich einer der Spieler bei den Titelkämpfen verletzen.
Das sieht man beim DBB anders. «Wir haben zwei Monate Tag und Nacht gearbeitet, um Dirks WM-Teilnahme sicherzustellen», sagt Sportdirektor Wolfgang Brenscheidt. «Wir haben ein medizinisches Gutachten vorgelegt, das bestätigt, dass seine Verletzung ausgeheilt ist. Und wir haben versicherungstechnisch alle Auflagen erfüllt.» Man sei jetzt «nicht mehr Herr des Geschehens» und müsse abwarten, erklärte DBB-Präsident Roland Geggus. Für 200 000 Euro schloss der Verband beim Hamburger Makler Marine Assekuranz eine Versicherung in Höhe von einem Jahresgehalt Nowitzkis (rund 13 Millionen Euro) ab.
Cuban ist die Summe jedoch zu gering. Er beruft sich auf eine 15 Jahre alte Vereinbarung zwischen NBA und Klubbesitzern und verlangt für alle WM-Starter seines Klubs einen Versicherungsschutz für den Fall langfristiger Verletzungen oder gar der Sport-Invalidität - im Fall Nowitzki wären dies rund 79 Millionen Euro bis Vertragsende im Jahr 2008. Cuban: «Es kann nicht sein, dass das Restrisiko an mir hängenbleibt.»
Bundestrainer Dettmann hat angesichts der Sachlage längst den Überblick verloren. Er sagt: «Das ist Sportpolitik und nicht mehr mein Aufgabenbereich.» Sportdirektor Brenscheidt vermutet, dass der DBB als Spielball der Interessen missbraucht wird: «Da geht es längst nicht mehr um Dirk Nowitzki, das Ganze ist ein Konflikt zwischen Cuban und der NBA.»
Die Liga und der exzentrische Mavericks-Boss liegen seit langem im Clinch. Bereits mehr als eine Million Dollar musste der Selfmade-Milliardär, der seinen Reichtum aus dem Internet-Geschäft schöpfte, an Strafen bezahlen, weil er NBA-Verantwortliche beleidigte oder nach strittigen Schiedsrichter-Entscheidungen von seinem Logenplatz in der Halle einfach aufs Spielfeld stürmte.
«Es brodelt drüben», sagt Brenscheidt. «Cuban hat mittlerweile andere Klub-Besitzer auf die vermeintliche Versicherungslücke hingewiesen. Momentan ist die WM-Teilnahme aller NBA-Spieler ungewiss.»