Hoffen auf den Geist von Erding

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Dino Reisner

Die Hektik einer Großstadt sucht man hier draußen vergeblich. Im barocken Stadtzentrum geht es beschaulich zu. Die Fußgängerzone ist keine 100 Meter lang, das Stadtbusnetz besteht aus vier Linien, alle 20 Minuten fährt die S-Bahn nach München - Erding, oberbayerische Kleinstadt 30 Kilometer nordöstlich der bayerischen Landeshauptstadt. Am Ortsrand, im Best Western Parkhotel, hatte die deutsche Leichtathletik-Nationalmannschaft seit Mittwoch ihr Quartier bezogen, um sich im Kollektiv auf die 18. Europameisterschaft von heute bis zum kommenden Sonntag im Münchner Olympiastadion einzustimmen.

DLV-Mannschaftsleiter Rüdiger Nickel erhoffte sich in der Idylle und Abgeschiedenheit der Kleinstadt eine Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls: «Wir wollen versuchen, hier einen Mannschaftsgeist zu entwickeln. Der kann auf Individualsportlern leistungsfördernd und motivierend wirken. Das hat man erst in der vergangenen Woche bei den deutschen Schwimmern gesehen.»

Die deutschen Schwimmer als Vorbilder für die Leichtathleten: «Wir haben ihre Triumphe natürlich am Fernseher verfolgt», sagt Heike Drechsler, zweimalige Olympiasiegerin und Weltmeisterin. «Ich denke, das wird uns noch eine zusätzliche Motivation geben.» Auch Nils Schumann setzt auf einen psychologischen Schub durch die Erfolge von van Almsick & Co. «Sie waren für uns Leichtathleten ein kleiner Stich in die Ehre», erklärt der Olympiasieger. «Wir wollen an deren Leistungen anknüpfen und ebenfalls für viele positive Schlagzeilen sorgen.»

Gestern Abend nun ist die deutsche Mannschaft als letzte der 48 teilnehmenden Nationen ins Athletendorf auf dem ehemaligen Gelände der Olympischen Spiele von 1972 übergesiedelt. Tim Lobinger freute sich über den Umzug. «Ich wäre am liebsten direkt ins Dorf gezogen. Das ist für jeden Sportler etwas Besonderes. Abgesehen von Olympia hat man ja nicht so oft die Gelegenheit, gemeinsam mit anderen untergebracht zu sein und ausgelassen seine Erfolge zu feiern.»