Verhalten war der Jubel der Hertha-Delegation nach dem 4:1-Erfolg gegen Schalke 04 und dem Gewinn der 1,27 Millionen Euro Siegprämie. Einfach nur zufrieden war Manager Dieter Hoeneß mit der Partie und dem Ergebnis. «Wir haben ein sehr unterhaltsames Spiel gesehen», sagte er und hatte sofort Erfolgsgründe parat. «Den Titel haben wir auch gewonnen, weil wir keine großen Integrationsprobleme mit neuen Spielern haben. Mit unserem eingespielten Kader haben wir sicherlich Vorteile.»
Aspekte, die den Berlinern auch in der Bundesliga-Saison 2002/2003 weiterhelfen könnten im Konzert der großen drei - Bayern München, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen - mitzuspielen. Vor allem in der Offensive glänzte die Mannschaft bereits, wie am Ende der abgelaufenen Saison. Der Brasilianer Marcelinho besitzt als Spielmacher im Mittelfeld alle Freiheiten. Suchte der 27-jährige Brasilianer zu Beginn der Vorsaison noch nach seiner Position in der Hertha-Offensive, ist er jetzt der alleinige Herrscher auf dem Platz. Wovon auch seine Nebenleute profitieren. Vor allem Angreifer Alex Alves setzt die Ideen seines Landsmannes perfekt um, schoss Hertha mit seinen zwei Toren im Ligapokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund fast alleine ins Finale. Sein Aufschwung hat mehrere Gründe. Der einstige Hertha-Problemfall ist fit wie nie. «Ich liebe das harte Training von Huub Stevens und habe sechs Kilogramm abgenommen», sagt Alves. Hinzu kommt, dass er seine privaten Probleme gelöst hat. «Meine Familie bleibt die ganze Saison bei mir, das ist sehr wichtig für mich.»
Ein ähnliches Problem wie Marcelinho hatte anfangs Bart Goor. «Ich habe hier einige Zeit gebraucht, um meine Position zu finden. Jetzt glaube ich, ist klar, wo ich am stärksten bin», sagte der belgische Nationalspieler, der im linken offensiven Mittelefeld glänzt.
Hinzu kommt, dass Hertha mit Abwehrchef Arne Friedrich eines der größten deutschen Verteidiger-Talente verpflichtet hat. Der 23-Jährige war erst zu Saisonbeginn aus Bielefeld an die Spree gewechselt und überzeugte bei Hertha bislang durch sein freches Auftreten. Schalkes Stürmerstar Ebbe Sand bekam gegen Friedrich vor den Augen von Teamchef Rudi Völler kaum eine Chance, was Trainer Stevens freute. «Gegen Dortmund haben wir noch mehr Chancen zugelassen.»
Dennoch herrscht in Berlin keine Euphorie, was der entscheidende Unterschied zur Vorsaison ist. Da sprachen nach dem Sieg im Ligapokal fast alle in der Hauptstadt von der Meisterschaft, doch der Saisonstart ging gründlich daneben (Platz 13 nach fünf Spieltagen).
Nüchtern wird nun analysiert und auf den Ligastart als wichtigstes Ereignis verwiesen. Hoeneß: «Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, denn die Parallelen zum letzten Jahr sind rein zufällig. Das letzte Jahr hat aber gezeigt, dass der Ligapokal nicht automatisch einen guten Saisonstart verspricht. Wir haben eine positive Rückmeldung auf unsere Form bekommen - nicht mehr, aber auch nicht weniger.»