Eigentlich braucht der imposante Mann mit den zwei Brustmuskeln, beinahe so groß wie die Kufen eines Luftkissenboots, immer mal seine Ruhe. Er sei Profischwimmer, kein Unterhaltungskünstler, sagt er.
Gestern Abend aber machte Pieter van den Hoogenband (24), der niederländische Star der EM im Freistilsprint, eine Ausnahme. «Hoovercraft», wie ihn die Landsleute wegen seiner Körperkraft nennen, Doppelolympiasieger von Sydney, Europarekordler auf der 100-m-Strecke und 1999 mit sechs EM-Titeln in Istanbul ins Rampenlicht gekrault, feierte im Forum-Hotel am Alex mit den Eltern seine Goldmedaille über 200 m (1:44,89 Min./Europarekord), die zweite in Berlin. Schon bei den 100 m hatte der Eindhovener triumphiert - und den früher übermächtigen Russen Alexander Popow endgültig aufs Altenteil geschickt.
Im dritten Stock wartete aber auf «VDH» noch ein Gratulant. Huub Stevens, Trainer der Herthaner, jettete nach gewonnenem Ligapokal-Finale in Bochum und vor dem Trip nach Genua eiligst zu den alten Bekannten in die Hauptstadt. Als Stevens nämlich von 1986 bis 1993 als Jugendcoach beim PSV beschäftigt war, traf er auf Pieters Vater Cees Rein - den Mannschaftsarzt des kickenden Rasen-Ensembles; die beiden schlossen bald Freundschaft und ihre Söhne ebenso. Stevens Stammhalter Maikel hütet heute noch das Elternhaus in Eindhoven, wo er mit dem vier Jahre älteren Pieter einst im Gartenpool fröhlich planschte.
«Es ist total beeindruckend, dass der Bengel, der früher mit meinem Sohn gespielt hat, sich in seiner Disziplin zu einem der Weltbesten entwickelt hat», sagte Stevens begeistert und bedauerte zugleich, dass er beim Goldrennen des Schützlings von Trainer Jacco Verhaeren nicht in der Halle am Europasportpark, sondern beim Training auf dem Maifeld gewesen war. «Das tut mir unendlich Leid, doch Hertha geht nun mal vor.»
«Es ist schon toll, wie er mit dem Druck umgeht, der auf ihm lastet», befindet Stevens, «aber er hat eben ein professionelles Umfeld, da ist alles hervorragend organisiert». Im Schwimmer-Eliteteam des PSV ist Pieter einer von vier Profis - darunter auch Inge de Bruijn - , die von einem Elektrokonzern gesponsert werden. «Er hat Fähigkeiten», sagt Huub Stevens schließlich, «die auch in jeder anderen Sportart gut zu gebrauchen sind.» Auch im Fußball, falls Hertha mal allzu arg ins Schwimmen kommt.