Ein letzter Blick über die Schulter gab Santiago Botero die Gewissheit, dass ihm keiner den Sieg mehr nehmen würde. Keiner seiner unmittelbaren Verfolger, auch kein Armstrong, kein Beloki, kein Rumsas. Dann entluden sich seine Gefühle in einem langen und lauten Jubelschrei. Die vorherigen schlechten Tour-Tage waren vergessen, ebenso die unerfüllten Hoffnungen auf einen Platz unter der ersten drei der Gesamtwertung.
«Nach meinem Zeitfahrsieg wollte ich auch in den Bergen vorn dabei sein, doch die Pyrenäen und der Mont Ventoux liefen für mich enttäuschend. Aber jetzt habe ich meine zweite Etappe gewonnen und alles ist gut», erklärte der Kolumbianer zufrieden. Mehr als sechs Minuten hatte er auf dem 226,5 km langen Kurs von Vaison-la-Romaine nach Les Deux-Alpes gegenüber Spitzenreiter Lance Armstrong rausgeholt. Doch für die Gesamtwertung und seinen Sprung auf Platz sieben hatte der Kelme-Fahrer in dem Moment kein Auge: «Ich fange jetzt bestimmt nicht an zu rechnen, ich genieße nach dem Frust der letzten Tage nur meinen Sieg.»
Eine kurze Überschlagsrechnung sorgte dagegen bei Armstrong für Zufriedenheit: «Auf Botero konnte ich mir diesen Rückstand erlauben, gegen die schärfsten Rivalen habe ich nichts verloren. Der Stand ist unverändert», sagte der US-Amerikaner, der dierekt hinter Raimondas Rumsas (Litauen) und Joseba Beloki (Spanien) als Neunter das Ziel erreichte und seinen Vorsprung von 4:21 (Beloki) und 6:39 Minuten (Rumsas) verteidigte. Das Gelbe Trikot war nie in Gefahr.
Für Botero war es der insgesamt dritte Etappensieg nach einem Erfolg vor zwei Jahren und dem Gewinn des 52-km-Einzelzeitfahrens vergangene Woche in Lorient. «Dort hatte ich zu den Favoriten gezählt, deshalb bedeutet mir der Sieg in den Bergen noch viel mehr», so der Südamerikaner.
Hinter Botero kamen die Belgier Mario Aerts und Axel Merckx auf die Plätze zwei und drei. Da beide bisher nicht zu den stärksten Bergfahrern zählten, war ihre Freude entsprechend groß. Mit großem Rückstand erreichten dagegen die Fahrer des Team Telekom das Ziel - Bobby Julich (USA) als 43. und Udo Bölts aus Heltersberg als bester Deutscher auf Platz 45.
Auch die Hoffnungen auf die Zurückeroberung des Grünen Trikots durch Erik Zabel erfüllten sich für den Bonner Rennstall noch nicht. Der Sprintspezialist aus Unna liegt weiter punktgleich hinter Robbie McEwen aus Australien auf Rang zwei. sid