Dem Tennis fehlen die Vorbilder

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Michael Färber

Vorbilder - an ihnen richtet sich der Nachwuchs auf, ihnen eifern Kinder und Jugendliche nach. Einmal so berühmt sein wie Boris Becker, einmal im Endspiel von Wimbledon spielen, einmal so die Tennisszene beherrschen wie einst Steffi Graf.

Mit einem wehmütigen Seufzer blickt die Gemeinde des weißen Sports zurück in jene gute, alte Zeit. Und mit genau solch einem Seufzer zieht auch Marc Vogel sein Fazit der Jugend-Meisterschaften des Tennisverbandes Berlin-Brandenburg (TVBB). «Das Niveau hat schon etwas gelitten», gibt das Mitglied der TVBB-Jugendkommission zu. Tennis sei eben nicht mehr in und der Nachwuchs sei nicht mehr bereit, sich für den Erfolg zu quälen - so wie es einst Becker und Graf taten.

Und noch ein weiteres Problem hat Vogel ausgemacht: «Nur noch wenige Vereine sind bereit, Jugendarbeit zu machen. Es fehlen einfach ehrenamtliche Helfer.» Und die meisten von diesen Helfern sind ohnehin Eltern, die ihren eigenen Nachwuchs unterstützen. Spätestens mit dem Erwachsenwerden des Sprösslings endet jedoch auch zumeist das Engagement von Vater oder Mutter.

Die Folge: Zwar gibt es in Berlin und Brandenburg rund 200 Vereine, doch bei den Meisterschaften kommen gut 80 Prozent der Teilnehmer aus gerade einmal zehn Klubs. Zu wenig, um auf einer breiten Basis eine vernünftige Spitze aufbauen zu können. Wenn dann auch noch die Talente aus dem Umland absagen, reduziert sich ein Starterfeld von üblicherweise 32 Spielern pro Altersklasse schnell auf 20 bis 28 - wie bei den Verbandsmeisterschaften.

«Immerhin», sagt Vogel, «können Berlins Topspieler zumindest in der deutschen Spitze mithalten.» Den Beweis lieferte im Juni Tim Schulz von Endert mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft in der Altersklasse IIIb.

In Berlin musste sich der Frohnauer im Endspiel der AK III jedoch Pilt Arnold (Zehlendorfer Wespen) mit 3:6, 2:6 geschlagen geben. In der AK I war Roman Herold (LTTC Rot-Weiß) in Abwesenheit der eigentlichen Favoriten Jens Woloszczak (deutscher Einzel-Meister) und Sebastian Rieschick (deutscher Doppel Vize-Meister) - beide waren bei anderen Turnieren aktiv - nicht zu stoppen. 6:2, 6:2 hieß es im Finale gegen Stipan Omrcen vom gastgebenden TK Blau-Gold Steglitz. Vogel: «Ohne die Absagen der Favoriten wäre Omrcen nie so weit gekommen.» Bezeichnend: Herold ist eigentlich noch ein AK-II-Spieler.

Die größte Überraschung gab es bei den AK-II-Juniorinnen: Hier setzte sich die erst 14-jährige Lavinia Timme (Alemannia) gegen die zwei Jahre ältere Katharina Bengsch (Friedrichshagen) mit 6:3, 7:6 durch. Bei den Juniorinnen der höchsten Altersklasse gewann indes die Favoritin. Maria Pugatschowa (Blau-Gold Steglitz) schlug im Finale Mareike Biglmaier (BTTC) mit 3:6, 6:4, 7:5.

Ob die neuen Meister dazu beitragen können, dass das Niveau nicht noch weiter in den Keller rutscht, darf ernsthaft bezweifelt werden. Eine neue Steffi Graf oder ein neuer Boris Becker waren jedenfalls nicht dabei.