Das Trikot mit den Meisterschaftsstreifen ist schon seit Tagen fertig, hängt maßgeschneidert im Radsportgeschäft von Werner Otto und wartet nur noch darauf von Sören Lausberg übergestreift zu werden. Werner Otto mochte nicht warten, bis sich das, was er ohnehin schon vorher wusste, erfüllen würde. In weiser Voraussicht und voller Vertrauen in das Können seines Schützlings hat Lausbergs Vereinschef bereits eine Woche vor dem heutigen Start zur Deutschen Bahnrad-Meisterschaft beim heißen Titelaspiranten Maß genommen. Lausberg selbst findet es normal, derartig mit Vorschusslorbeeren bedacht zu werden.
«Das ist doch gar nicht so weit hergeholt», sagt der Berliner vom RSV «Werner Otto», der heute seinen Vorjahreserfolg im 1000-Meter-Zeitfahren wiederholen möchte. Lausberg weiß, dass ihm solch selbstbewusstes Auftreten mitunter als Arroganz ausgelegt wird. Tatsächlich jedoch lebt er nur mit der Überzeugung, dass jeder Sportler wissen sollte, wie gut er ist und das auch sagen dürfe. Lausberg weiß, dass er gut ist. So gut, dass seinem Sieg im 1000 Meter-Zeitfahren nichts und niemand im Wege stehen dürfte.
1000 Meter sind die erklärte Lieblingsdisziplin des 32-Jährigen. Sechs Mal war er bereits Vizeweltmeister über diese Distanz. Sechs Mal erster Verlierer. Deprimiert hat ihn das keineswegs. «Schließlich», sagt der Sportsoldat, «ist es auch nicht verkehrt Vizeweltmeister zu werden. Man ist ja nicht nur knapp vor dem Dritten, sondern auch dicht dran am ersten». In den vergangenen drei Jahren hieß der immer Arnaud Tournant (Frankreich). Ende September soll sich das endlich ändern. Mit Hilfe des Weltmeisterschafts-Zeitplans. Anders als in den vorangegangenen Jahren fällt die Entscheidung in Lausbergs Paradedisziplin erst am letzten Wettkampftag. Tournant wird dann schon den Klassischen und den Olympischen Sprint in den Beinen haben. «Vielleicht», hofft Lausberg, «bin ich dann die drei Zehntel schneller, die sonst gefehlt haben».
Zunächst jedoch will er sich bei den Deutschen Meisterschaften in Büttgen endgültig für die WM in Kopenhagen qualifizieren. Möglichst mit einem neuen Bahnrekord. Damit hätte er einmal mehr das Ziel erfüllt, mit dem er auf jede Bahn geht. Ob er es geschafft hat, weiß Lausberg immer dann, wenn das Rennen kurz und schmerzlos war. Angesichts seiner derzeitigen Physis rechnet der Berliner mit dem besten. Den Grundstein dafür hat der 100-Kilo-Mann bereits im Winter gelegt. «Da habe ich», sagt Lausberg, «eher unsportlich gelebt, vier, fünf Kilo zugelegt». Davon glaubt er jetzt zu profitieren: «Man braucht die Substanz, um während der Vorbereitung davon zehren zu können», belehrt Lausberg, der bislang ohne gesundheitliche Probleme durch die Saison gekommen ist.
Anders als sein Konkurrent Stefan Nimke, den der Favorit als Paradesportler beschreibt, dem es gerade wegen seiner auch im Winter sehr professionellen Einstellung gesundheitlich schlechter (Handwurzelbruch Anfang des Jahres, zuletzt Rückenprobleme) ginge. Nimke, der 2000 in Abwesenheit Lausbergs deutscher Meister geworden war, ist der einzige, der dem Titelverteidiger wirklich gefährlich werden könnte. Wenn er in Topform wäre. Doch er wird demnächst Vater. «Und werdende Väter», weiß Lausberg aus einer wissenschaftlichen Studie und eigenen Erfahrungen, «leiden unter Leistungsabfall».
Der Weg zum 1000-m-Titel führt nur über Sören Lausberg