Angemerkt, alles ist nur ein Spiel. Aber grausam ist es zu warten auf den spieleröffnenden Pfiff. Schwer ist es, geduldig zu sein, diese schwierigste Form der Tapferkeit zu leben. Warten. Es ist schwülheiß. Warten auf Blitz und Regen. Warten. Wann kommt der schöne Rückbescheid vom Finanzamt? Wann Gehalt? Es duftet nach Tannenbaum, aber es ist erst der 23. Dezember. Warten. Wann der erste Schnee, der erste Tag am Baggersee? Knospen. Blätter. Wann der Sechser im Lotto? Warten, warten, warten. Alles ist ein einziges Warten. Auch auf ein Fußballspiel muss man warten. So intensiv wartet man, dass sie unerträglich und nervend wird diese Leichtigkeit der schönsten Nebensache. Warten, dass man trampeln könnte vor Ungeduld. Ungeduldig tut dies der eine. Nachgerade verbissen der andere. Desinteressiert der nächste, weil er das Ende des großen asiatischen Balls herbei sehnt und geruhsame Abende in der Sushi-Bar wittert. Aber, Tolstoj hat's gesagt, alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann. Also, morgen, am Sonntagabend: Erst Rethy hören, dann den Pokal im Männertaumel untergeh'n sehen. Dann drei Caipirinha auf den vierten Titel. Ja, und fortan warten auf das Ende des Sonntags, oder den Anfang des Montags. Und alle warten im jungen Juli dann auf Sommer, Regen, Urlaub, Hertha, Christkind und - natürlich - das nächste allergrößte Spiel des Lebens. Ergo: Warten ist ein lebenslängliches Spiel im 90-Minuten-Rhythmus.