Milutinovic zum Fünften

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Holger Schmidt

sid Yokohama - Er hat keinen Trainerschein und ist der zweitjüngste aller Coaches, doch eines hat DFB-Teamchef Rudi Völler seinen Kollegen bei der WM voraus: 1990 gewann der 42-Jährige als deutscher Nationalstürmer durch einen 1:0-Endspielsieg in Rom gegen Argentinien die WM-Trophäe, keinem der anderen 32 WM-Trainern ist dies bisher in seiner Laufbahn als Spieler oder verantwortlicher Trainer gelungen.

Der Franzose Roger Lemerre (1998 als Assistent von Aime Jacquet) und der diesmal für Paraguay zuständige Italiener Cesare Maldini (1982 an der Seite von Enzo Bearzot beim Sieg gegen Deutschland) konnten zumindest als Co-Trainer schon einmal den WM-Gewinn feiern.

20 der 33 WM-Trainer (Schweden wird vom gleichberechtigten Duo Sven Söderberg und Lars Lagerbäck trainiert) waren bisher weder als Spieler noch als Trainer bei einer WM dabei. Nur 17 von ihnen waren zu ihrer aktiven Zeit überhaupt Nationalspieler.

Zu solchen Ehren kam auch Velibor, genannt «Bora» Milutinovic nicht, und Titel hat er auch noch keine gewonnen. Dennoch gilt der 57 Jahre alte Serbe als einer der renommiertesten WM-Trainer. Bereits zum fünften Mal nimmt Milutinovic als Coach an einer WM teil, ob er mit China ebenso wie zuvor mit Mexiko (1986), Costa Rica (1990), USA (1994) und Nigeria (1998) die Vorrunde überstehen kann, scheint jedoch fraglich.

Vor Chinas Debüt bei einer WM am Dienstag in Gwangju gegen Costa Rica sorgen sich die Asiaten indes um Milutinovic. Er leidet unter einer schweren Erkältung und fürchtet eine Lungenentzündung. «Ich bekomme Infusionen, aber es wird nicht besser», erklärte der 58-Jährige. Zwar raten Chinas Ärzte dem Weltenbummler zu einer Pause, doch Milutinovic will weiterhin die täglich zwei Trainingseinheiten seines Teams in Seogwipo leiten.

Namhafteste Trainer neben Milutinovic und Maldini sind dessen Landsmann Giovanni Trapattoni, der Niederländer Guus Hiddink, der diesmal Südkorea trainiert, und Sven Göran Eriksson. Der Schwede ist ebenso wie Trapattoni einer der erfolgreichsten Vereinstrainer der Welt, Hiddink führte die Niederlande bei der WM 1998 in Frankreich ins Halbfinale. Welttrainer des Jahres 2001 ist jedoch der Argentinier Marcelo Bielsa, der bisher keine großen Erfolge vorzuweisen hat, mit seinem Team aber einer der Favoriten in Asien ist.

Hiddink und Eriksson sind zwei von nur acht Ausländern auf den Trainerposten der WM-Teilnehmer. Mick McCarthy vom deutschen Gruppengegner Irland ist in England geboren, aber ebenso eingebürgert wie der in Brasilien geborene Costa-Ricaner Alexandre Guimares. Dabei sorgte das Los für einige brisante Konstellationen: Guimares trifft auf Brasilien, Eriksson auf Schweden, der Franzose Bruno Metsu mit dem Senegal im Eröffnungsspiel auf Frankreich - und der Deutsche Winfried Schäfer mit Kamerun auf Deutschland.

Zurück zu Eriksson: Seine schwierigste Aufgabe hat er bislang geradezu meisterlich gelöst. In 16 Monaten als englischer Nationaltrainer hat der Schwede mit guten Resultaten der gefürchteten Boulevard-Presse im Mutterland des Fußballs so gut wie keine Angriffsfläche geboten und den aggressiven Medien so alle Argumente gegen seine Person und Herkunft genommen. «Skandal», «Vaterlandsverrat» und gar den «Weltuntergang» wähnten Teile der englischen Öffentlichkeit, als im Herbst 2000 bekannt wurde, dass der heute 54-Jährige als erster Ausländer ab dem folgenden Jahr die stolze Fußball-Nation aus dem sportlichen Tal führen sollte.

Mit erstaunlichen Ergebnissen, darunter dem in England mittlerweile als «historisch» eingestuften 5:1 in Deutschland, hat sich der Skandinavier bei den für ihre Skepsis gegenüber allem Fremden bekannten Briten Respekt und sogar einen Hauch Dankbarkeit erarbeitet.

Bundesliga-Erfahrung haben neben dem ehemaligen Coach des Karlsruher SC und VfB Stuttgart und Völler (Leverkusen) auch der dänische Trainer Morten Olsen (einst Spieler und Trainer beim 1. FC Köln), Trapattoni (zweimal Trainer bei Rekordmeister Bayern München) und der Slowene Srecko Katanec (1988/89 Spieler beim VfB Stuttgart). Katanec, im vergangenen Jahr von Staatspräsident Milan Kucan zum «Slowenen des Jahres» gewählt, ist mit 38 Jahren auch der jüngste WM-Coach. Ältester ist Maldini (70) vor Trapattoni (63). Im Durchschnitt sind die 33 Fußball-Lehrer 50,75 Jahre alt.

Kontinuität herrschte bei den 32 Verbänden aber zuletzt kaum. Durchschnittlich 26 Monate sind die Nationaltrainer im Amt, 22 von ihnen haben ihren Job erst 2000 oder später angetreten.

Zu den Trainern, die trotz erfolgreicher Qualifikation nicht mehr im Amt sind, gehört auch der Deutsche Eckhard Krautzun, der im August bei Tunesien zurücktrat. Gleiches tat sein Nachfolger Henri Michel, seit Februar trainiert Ammar Souayah die Nordafrikaner.

Rühmliche Ausnahme unter den «Kurzarbeitern» ist Oleg Romantsew beim tunesischen Gruppengegner Russland. Er ist seit August 1994 im Amt - aber auch er steht derzeit in der Kritik.