Boom! Es fliege die Drag-Queen

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Halt! Nicht anfangen. Erst noch ein WM-Vorschlag.

Man könnte doch eigentlich auf den Ball verzichten. Das Internationale Komitee für bürgerliche Ästhetik beantragt, bei der Fußball-WM 2002 darf zwar Fußball gespielt werden, doch ohne diesen Ball. «Fevernova», wie das Ding heißt, sollte gegen einen neutralen Ball ausgetauscht werden, einen, der nicht so aufdringlich reißerisch, ja hässlich daherkommt.

Fevernova sieht, mit Verlaub, ziemlich tuntig aus, das glänzende Plastik-Gold mag beim Schlager-Festival gut platziert sein, aber ein Fußball, der mit den Zeichen der Popkultur protzt, unterspült seine Wurzeln zugunsten kurzer Aufmerksamkeit. Die Disco-Retro-Welle in der Mode gebiert dann eben auch ein Sportgerät ihrer Wahl.

Spätere Historiker werden das obskure Objekt einmal als die «Drag-Queen unter den Fußbällen» bezeichnen, Anklänge an eine Christopher-Street-Day-Parade sind offensichtlich. Der Sport lebt von einer gewissen Härte, die sich immer im Material ausdrückte. Schweres Leder, Stollen an den etwas klobigen Schuhen, Schienbeinschoner. Mittlerweile wiegen Fußballschuhe noch 200 Gramm und sehen aus, als seien sie von Planeten Beteigeuze 4 oder aus Hollywood importiert. Die Ersatztrikots der deutschen Mannschaft leuchten in frischem steingrau. Und der Ball ist bunt.

Zu bunt. Man bekommt direkt Fieber davon. Auch die sprachlichen Ball-Details zergehen einem auf der Zunge. «Syntaktischer Schaum» in der Hülle soll Fevernova schnell machen. Auf Basis des Polyurethans Impranil bilden sich Bläschen, die mit Gas gefüllt sind. Das kommt mir alles japanisch vor. David Beckham hat die Flugbahn von Fevernova gelobt. Beckham trägt zuweilen die Unterwäsche seiner Frau, ist in Geschmacksfragen kein Superstar.

Nein, nein, die japanische Jugend mag begeistert sein, wir alten Knochen erinnern uns wehmütig der schwarz-weißen Fußbälle mit den fünfeckigen Lederteilen. Man sollte für diesen Ball eine Traum-Mannschaft bilden. Im Tor stehen die Pet Shop Boys, Robbie Williams ist letzter Mann. Verteidiger Enrique Iglesias gibt den Ball zur Spielmacherin Kylie Minogue, nach einem kurzen Lauf passt sie in den Strafraum. Herrliche Flugbahn. In der Mitte stürmt Jennifer Lopez vor und müllert trotz gegnerischer Kratzversuche Fevernova mit dem Hintern ins Tor. Die Zuschauer kreischen schrill. Schiedsrichterin Anastacia röhrt dazu den WM-Song «Boom».

Ist es für eine Umkehr zu spät? Eben kommt eine eilige Depesche von der Fifa. «Dem internationalen Komitee für bürgerliche Ästhetik wird das Rederecht verweigert, gez. Blatter.» Das wird ein schönes Gekicke werden. Wir haben gewarnt!