Seoul - Welche Chancen der Gegner von Weltmeister Frankreich morgen im Eröffnungsspiel hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Was kann die Mannschaft des Senegal, immerhin Zweite beim Afrika-Cup, wo sie Winfried Schäfers Kamerunern erst im Elfmeterschießen unterlag? Die offizielle Fifa-Rangliste weist sie auf Platz 44 aus, und Trainer Bruno Metsu - ein Franzose - spricht vor dem Spiel vom Aufeinandertreffen von «Schüler Senegal und Lehrmeister Frankreich.»
Die Vorbereitung der Westafrikaner war eine einzige Peinlichkeit, nur beim 1:0 gegen Ecuador traf man auf einen ernsthaften Gegner. Weshalb Senegals Star, Afrikas Fußballer des Jahres Al Hadji Ouesseynou Diouf, die Funktionäre vor dem Abflug heftig kritisierte: «Überall nur Amateure - untätig, unfähig, unsäglich, es ist eine Farce.» Mittlerweile haben sie sich wieder eingekriegt und Trainer Metsu singt wahre Loblieder auf sein Team: «Wir sind eine Wettbewerbsmannschaft. Meine Spieler sind in einer guten körperlichen Verfassung und haben eine starke Technik. Was ihnen manchmal noch fehlt, ist ein bisschen Disziplin. Aber wir arbeiten hart daran.»
Das Minimalziel der Senegalesen entspricht dem der Deutschen, Verbandspräsident El Hadji Malick fordert: «Wir müssen ins Achtelfinale.» Doch allein die Aussicht, dass die ganze Welt zuschaut, wenn der kleine Senegal (10,3 Millionen Einwohner) sein WM-Debüt gibt, beflügelt alle. Aber bei allem Stolz: das ganze Land schaut nur vor dem Fernseher zu, kein einziger Fan begleitete die Spieler nach Asien. Den Trip konnte sich offenbar niemand leisten, alle 4500 Karten gingen zurück an die Fifa.
Die Kicker werden auf viele Bekannte treffen. Fast alle Spieler Senegals, exakt 21 von 23, arbeiten in Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht. Weshalb schon vom Spiel «Frankreich A gegen Frankreich B» gesprochen wird. Man mag sich übrigens. Stürmer Diouf erhielt sogar ein Fax von seinem Klub RC Lens mit vielen guten Wünschen.
Der bekannteste Fußballer des Landes spielt indes beim Gegner. Frankreichs Mittelfeldstar Patrick Vieira ist im Senegal geboren: «Es ist außergewöhnlich aufregend, gegen das Land zu spielen, in dem ich geboren bin. Aber im Spiel muss ich über andere Dinge nachdenken.» Vielleicht über den senegalesischen Medizinmann, der sich damit brüstet, durch Trommeln die Verletzung von Zinedine Zidane herbeigeführt zu haben. Gewiss wird sich der Mann wieder melden, sollte Senegal morgen gewinnen.