sid Salzburg - Am liebsten spricht Hans Krankl immer noch von Cordoba. Jenem legendären 3:2. Jenem Sieg, mit dem die Österreicher den «Piefkes» vor 24 Jahren die Weltmeisterschafts-Tour gründlich vermasselten.
«Das war das Schönste in meinem Leben. Darüber könnte ich ständig reden», sagt der zweifache Torschütze von damals noch heute. Auch wenn ihn inzwischen als Nationaltrainer seines Landes die Realität eingeholt hat - und die sieht für den österreichischen Fußball, der bei der WM in Südkorea und Japan wieder einmal nur Zuschauer ist, nicht allzu rosig aus.
So haben die im Umbruch befindlichen «Ösis» sogar noch Respekt vor der deutschen Nationalelf. Zumindest behaupten sie das vor dem Länderspiel (heute, 19 Uhr/ZDF) in der Leverkusener BayArena.
«Wir sind der Gegner, den die Deutschen jetzt brauchen, um wieder Selbstvertrauen zu tanken. Etwas Schlimmeres als das 0:1 der Deutschen in Wales hätte uns nicht passieren können. Wir sind nicht so vermessen zu glauben, dass wir mit unserer neu formierten Mannschaft gewinnen werden. Aber wir wollen dahin kommen, dass wir als Österreich nicht mehr belächelt werden», sagte Hans Krankl und fügte mit dem typischem Schmäh an: «Dieser Mannschaft wird Cordoba sicher nicht helfen.»
Auch der ehemalige Bremer Andreas Herzog, der in der BayArena sein 96. Länderspiel bestreitet und damit vor Toni Polster (95) zum Rekordnationalspieler seines Landes aufsteigen wird, warnt seine jungen Teamkollegen vor dem großen Nachbarn.
Zumal es beim letzten Aufeinandertreffen 1994 in Wien eine böse 1:5-Schlappe gab: «Am Samstag werden wir eine andere deutsche Mannschaft erleben.» Aber Herzog sagt auch: «Jetzt geht es darum, den Deutschen ein Haxerl zu stellen.» 1860-Legionär Markus Weissenberger sagt: «Die Deutschen haben immer noch enormen Respekt vor dem Namen Krankl.»
Und: «Hans steht jetzt vor seiner großen Reifeprüfung», weiß Krankls Cordoba-Mannschaftskollege und Vorgänger als Teamchef, Herbert Prohaska.
Eine andere österreichische Mannschaft gibt es in jeden Fall seit Anfang des Jahres. Hans Krankl, der im Januar die Nachfolge von Otto Baric antrat, setzt, abgesehen von den Routiniers Herzog, Michael Baur und Ivica Vastic, der gegen die DFB-Auswahl wegen Verletzung fehlt, voll auf die Jugend.
So hat die «graue Vehemenz», wie ihn eine Wiener Zeitung einst taufte, in den beiden Spielen seiner kurzen Amtszeit gegen die Slowakei (2:0) und Deutschlands WM-Gegner Kamerun (0:0) einigen Neulingen eine Bewährungschance gegeben.
Auch bei der Benennung des 18-köpfigen Kaders gegen Deutschland, dem auch die drei «Deutschen» Markus Weissenberger, Harald Cerny (beide 1860 München) und Emanuel Pogatetz (Bayer Leverkusen Amateure) angehören, verblüffte Krankl seine Landsleute. Den nominierten Rolf Landerl von Fortuna Sittard aus den Niederlanden kannten nur einige wenige Insider.
Aber Krankl vertraut so richtig den Jungen noch nicht. Keeper Roland Goriupp etwa startet in Leverkusen noch mit 31 Jahren seine Auswahl-Karriere.
«Mein ganzes Ziel gilt dem Aufbau einer jungen Mannschaft für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland», betonte Krankl deshalb auch vor dem Duell mit dem Erzrivalen. Die EM 2004 in Portugal - in der Qualifikation sind die Niederlande, Tschechien und Weißrussland die Gegner - bezeichnet der frühere Torjäger nur als Zwischenstation. Ohnehin konnte sich Österreich, zuletzt 1998 Weltmeisterschafts-Teilnehmer, noch nie für eine Europameisterschaft qualifizieren.
Krankl, der begnadete Selbstvermarkter, den Kritiker im eigenen Land gar als Egomanen bezeichnen, steht in Leverkusen also vor seiner ersten Bewährungsprobe. Die Erwartungen zu Hause sind hoch gesteckt. Das Magazin «Format» widmete dem «Phänomen Krankl» gar die Titelgeschichte. Doch der wegen Erfolglosigkeit einst abgelöste Vorgänger Herbert Prohaska warnt die Öffentlichkeit: «Er verkauft sich als Trainer überall gut und gern selbst. Meist war er im Mannschaftsgefüge der einzige Star - und das ist für die Spieler auf Dauer deprimierend.»
Mit der Sturheit und Beharrlichkeit Krankls, der immer noch «Hansiburli» genannt wird, hoffen die Österreicher nun auf eine bessere Zukunft.
Auch wenn der Wiener «Kurier» die Verpflichtung des umstrittenen Krankl als eine «Verzweiflungsaktion» des Verbandes kritisiert hatte: «Man hat eben keinen anderen gekriegt und hofft, dass sich Hans Krankls Charakter und sein Charisma auf das bislang lethargische Team übertragen. Hoffen wir auf seine Konsequenz, seinen Dickschädel und seinen Ehrgeiz. Sein einziger und zugleich größter Trumpf ist es, dass er stets für eine Sensation gut war.»
Wie eben bei der WM 1978 in Cordoba . . .