Berlin - Es ist wieder die Zeit, in der Marko Pesic ohne große Freude sein Handy klingeln hört. Weil er schon weiß, was alle von ihm wollen. Heute (14.10 Uhr, DSF) beginnt in Köln die Finalserie um die deutsche Basketball-Meisterschaft zwischen seinem Verein, dem Titelverteidiger Alba Berlin, und Rhein Energy Cologne. Trainer der Kölner ist sein Vater Svetislav Pesic. «Die Fragen, die mir gestellt werden», ärgert sich der 25-Jährige, «haben zu neunzig Prozent nichts mit Basketball zu tun.» Ob er einen besonderen Druck verspüre? Wie es um das Verhältnis zwischen beiden bestellt sei? «Ich kann schon eine Kassette mit den Antworten auflegen.»
Die Vater-Sohn-Geschichte verfolgt ihn. Sie nervt. Aber Marko Pesic sagt, sie belaste ihn nicht mehr. Svetislav Pesic ist einer der erfolgreichsten Trainer Europas, wurde 1993 Europameister mit Deutschland und 2001 mit Jugoslawien. Er führte Alba zu vier Meistertiteln und zum Korac-Cup-Sieg. «Ich freue mich, wenn mein Vater EM-Gold mit Jugoslawien holt oder jetzt in Köln erfolgreich arbeitet», sagt Marko Pesic, «das sind ja auch Erfolge für unsere Familie.»
Es war für ihn nicht immer so einfach, damit umzugehen. Dass er mit 16 Jahren seine ersten Bundesligaspiele für Brandt Hagen bestritt - ein Tribut an den damaligen Bundestrainer Svetislav Pesic, hieß es. Und so ging es weiter. Die Berufung in die deutsche Nationalmannschaft 1995, in die U 22-Weltauswahl 1996, sein Stammplatz bei Alba Berlin: kein Wunder mit diesem Namen.
«Es war ein großes Problem für beide», erinnert sich Vera Pesic, Mutter, Ehefrau und - fast selbstverständlich in dieser Familie - Basketballerin. Zu den ganz normalen Auseinandersetzungen zwischen dem heranwachsenden jungen Mann und seinem Vater kamen die ständigen Sticheleien von außen, er spiele ja nur, weil er der Sohn eines erfolgreichen Trainers sei. Was manche übersehen haben: Aus dem Jungen, der mit Basketball groß geworden ist, war allmählich selbst eine Basketball-Größe geworden, ein gestandener Bundesligaspieler und fester Bestandteil der Nationalmannschaft.
Marko Pesic wollte trotzdem raus aus Berlin. Er entschied sich, erst 22 Jahre alt, zum Wechsel in die griechische Liga zu Iraklis Saloniki. «Bis ich nach Griechenland gegangen bin, war mein Vater immer mein Trainer. Ich habe in seinem Haus gelebt. Er lebt 24 Stunden am Tag für Basketball. Und er hat das Talent seines Sohnes gesehen und wollte immer helfen.» Das kann sehr anstrengend sein. Zumal beide sehr emotionale Menschen sind. Aber wie das so ist: Manche Dinge lernt man erst richtig schätzen, wenn sie anderswo nicht zum täglichen Ablauf gehören. In Saloniki war Marko Pesic auf sich allein gestellt. «Das Jahr in Griechenland hat ihn sehr viel weitergebracht», glaubt seine Mutter, «als Spieler und als Persönlichkeit.»
Als Pesic junior nur einen Sommer später nach Berlin zurückkehrte, wurde vieles anders. Sein Vater war nicht mehr Alba-Trainer. Marko Pesic nahm sich eine eigene Wohnung und heiratete im Jahr darauf. Auch sein Spiel hat sich weiterentwickelt. Nicht, dass er Situationen aus dem Weg geht, in denen sich alles entscheiden kann. «Er freut sich über solche Situationen», sagt Albas Vizepräsident Marco Baldi, «sie sind für ihn der Sinn des Spiels.» Das sei keine Frage der Entwicklung, sondern des Charakters.
Aber Marko Pesic erwartet mehr von sich. «Jeder von uns hat sich etwas vorgenommen: Was kann ich tun, damit wir die Meisterschaft gewinnen?» Da wurde immer kritisiert, dass er launisch in der Verteidigung sei und im Angriff zu oft mit dem Kopf durch die Wand wolle. Dinge, die er abzustellen versucht. Gemeinsam mit Derrick Phelps gibt Pesic heute in seinem Team die meisten Vorlagen, die zu direkten Punkten führen (Assists). Und im Halbfinale verteidigte er gegen den Frankfurter Chad Austin so, dass dem US-Amerikaner, einem der besten Werfer der Bundesliga, nur eine Nebenrolle blieb.
Die alten Geschichten, die Sticheleien haben nachgelassen, seit Pesic aus Griechenland zurückkam. «Und wenn, ist das nur eine besondere Motivation für mich.» Der Inhalt der Gespräche mit seinem Vater hat sich auch komplett gewandelt. «Wir wohnen nicht mehr in einer Stadt, er ist nicht mehr in meinem Verein. Mein Vater hat nicht mehr das Gefühl, dass er mir ständig helfen muss», sagt Marko Pesic. «Es gibt inzwischen wichtigere Dinge für uns als Basketball.»
Gut möglich, dass es in den Endspielen zwischen Alba und Köln den einen oder anderen Wortwechsel auf Serbisch gibt. Und da wird es sehr wohl um Basketball gehen. Aber wie immer die Finalserie auch endet, an einem wird sich für den 52-jährigen Svetislav Pesic nichts ändern: «Natürlich bin ich sehr stolz auf Marko.» Die Familie Pesic kann sich schon jetzt zu den Gewinnern zählen.