In der Leverkusener Kabine wurde es laut

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Lars Gartenschläger

Berlin - Das Trio schaute sich nicht mal mehr um. Frustriert tauchten die Leverkusener Ulf Kirsten, Ze Roberto und Lucio unmittelbar nach dem Abpfiff des verlorenen Pokalfinals gegen Schalke (2:4) in den Katakomben des Olympiastadions ab. Während ihre Kollegen noch die Silbermedaillen entgegennahmen, danach aber nicht mal dem Sieger gratulierten und ebenfalls in der Kabine verschwanden, hatten sie sieben Tage nach der verpassten Meisterschaft keine Lust, schon wieder andere jubeln zu sehen. Was Folgen hatte. «Sich so zu verhalten», rügte Klaus Toppmöller, «ist eine bodenlose Unverschämtheit.»

Mit starrem Blick hatte der Trainer mit Manager Reiner Calmund auf dem Rasen die Siegerehrung verfolgt, ehe das Duo es in der Kabine krachen ließ, wie Calmund später berichtete. «Da musste ich mir Luft verschaffen», sagte der Manager, der eine Woche zuvor, als man den Titel verspielte, noch in Tränen ausgebrochen war. Da war er traurig, diesmal jedoch wütend. Zum einen ob des unfairen Verhaltens der Spieler Kirsten, Lucio und Zé Roberto, die selbst auf Drängen von DFB-Verantwortlichen nicht aus der Kabine kamen.

Zum anderen wegen der Art, wie die Elf sich das Spiel nach der 1:0-Führung durch Dimitar Berbatow aus der Hand nehmen ließ. «Es sind sehr harte Worte gefallen», bestätigte Klaus Toppmöller, «ich war so laut wie in der ganzen Saison noch nicht.»

Einer Saison, in der Bayer mit schönem Fußball begeistert, aber im entscheidenden Moment versagt. «In zwei Wettbewerben haben wir es nicht geschafft, einen Titel zu holen», sagte Michael Ballack, «große Teams hätten das 1:1 weggesteckt.»

«Wenn man so spielt wie wir in der zweiten Hälfte, kann man nicht gewinnen», bemängelte Carsten Ramelow. Klare Worte - und das unmittelbar vor dem größten Spiel der Vereinsgeschichte, dem Champions-League-Finale Mittwoch gegen Real Madrid in Glasgow. Aber den Glauben, es gegen die Spanier zu schaffen, besitzt wohl nur der Trainer. Zwar solle niemand denken, «wir fahren dahin und legen Madrid in Schutt und Asche», aber wenn sich jeder Spieler zusammenreiße, habe man eine Chance.

«Sie können es nur allein, sie bringen uns in den Himmel oder die Hölle», sagte Manager Calmund, als es schon Nacht war in Berlin.

Mit Einzelgesprächen will Toppmöller die Spieler aufrichten. Beim Pokal-Bankett im Grandhotel Esplanade gaben sie zu, wie sehr sie die Misere beschäftigt. «Alles eine Frage der Nerven», sagte Oliver Neuville. «Fußball geht eben auch durch den Kopf», ergänzte Torhüter Hans-Jörg Butt.

Bernd Schneider zog sich mit seiner kleinen Tochter aufs Zimmer zurück. Dem Nationalspieler war nicht nach Frusttrinken, zu dem der Manager indirekt geraten hatte («Ich würde als Rheinländer empfehlen: Leck mich inne Täsch und lass es richtig krachen.»). «Ich bin total geschockt», sagte der WM-Fahrer, «zwei solch heftige Erlebnisse hintereinander muss ich erst einmal in Ruhe verarbeiten.»

Und wie das so ist, wenn nichts läuft: Das gestrige Stadionfest in Leverkusen war schon lange verabredet. Es gab wenig Pfiffe und reichlich aufmunternden Applaus. Aber im strömenden Regen waren auch nur 5000 Fans in die BayArena gekommen.