Sercu vermisst die Sensationen

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Die Favoritenrollen beim 92. Berliner Sechstagerennen waren spätestens nach der vierten Nacht verteilt. An die Schweizer Bruno Risi/Kurt Betschart (Foto) und die Italiener Silvio Martinello/Marco Villa. Als chancenreiche Herausforderer lauern Scott McGrory/Matthew Gilmore (Australien/Belgien) sowie aus dem Rheinland Andreas Kappes und Andreas Beikirch. Die 14 verbleibenden Zweier-Mannschaften müssen in Berlin mit Einzelerfolgen vorlieb nehmen. So konnte das zweite Schweizer Paar, Franco Marvulli/Alexander Aeschbach - beide übrigens 2002 mit Gold und Silber bei der Europameisterschaft der Mehrkämpfer (Omnium) belohnt - eine der 30-Minuten-Jagden gewinnen. Das gelang auch einmal der Berliner Kombination Guido Fulst/Andreas Müller. Ihre Trümpfe spielen die superschnellen "fliegenden Holländer" Robert Slippens/Danny Stam gern beim Rundenrekordfahren aus. Einzelerfolge, mehr nicht. Und doch sind die Teams aus der zweiten Reihe enorm wichtig für die Sixdays. Patrick Sercu, mit 88 Siegen erfolgreichster Sechstagefahrer aller Zeiten und als Veranstalter unter anderem in Bremen aktiv, bricht eine Lanze für die vermeintlich "Kleinen". "Du kannst nicht mit vier Top-Teams starten. Dann bleibt die Halle leer, weil auf der Bahn nichts passiert. Und der Sport lebt davon, dass es Überraschungen gibt", ist der Belgier überzeugt. Und genau in Bremen gelang dem niederländischen Duo Slippens/Stam mit ihrem ersten Gesamtsieg eine solche Sensation. In Berlin rangieren sie auf Position sechs - Alltag. Robert Slippens: "Bremen war top. Da passte alles zusammen. Das kann man nicht einfach wiederholen. Aber wir wissen jetzt, dass wir gewinnen können. Das gibt Selbstvertrauen." Ganz anders sieht es beim Duo Jens Lehmann/Gerd Dörich aus. Beide wurden deutlich weiter vorn erwartet als auf Platz 16 mit zwölf Runden Rückstand. Die beiden sind Bahnspezialisten. Dörich ist mit 120 Starts sogar der erfahrenste Teilnehmer aller Sechstage-Profis. Und Jens Lehmann ist der erfolgreichste Bahn-Fahrer bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften. Doch eine Bronchitis ließ bei dem 35-jährigen Leipziger Lehmann nicht mehr zu. "Ich kann nicht richtig attackieren, also müssen wir sehen, dass wir halbwegs ordentlich um die Runden kommen", lächelt Lehmann. Auch der Berliner Mario Vonhof hat seine gute Laune nicht eingebüßt - trotz des letzten Platzes an der Seite des 24-jährigen Dänen Jimmi Hansen. "Ich helfe Jimmi, Erfahrung zu sammeln", nimmt der 28-Jährige seine Aufgabe ernst. Für Berlins Sportlichen Leiter Otto Ziege gibt es beim 2003er Rennen eh keine Enttäuschungen: "Alle ziehen mit. Auch Pechvögel wie Frank Kowatschitsch oder Jimmi Madsen, die übel gestürzt sind." Den erstmals ausgetragenen Städtevergleich Kopenhagen gegen Berlin gewannen die Gäste mit 11:7 Punkten. Die Veranstaltung diente der Vorbereitung der Dänen auf die Weltcup-Saison. Sie wurde in Berlin ausgerichtet, weil die Halle in Kopenhagen einem Wintersturm zum Opfer gefallen war. Das kann dem Velodrom nicht passieren.