Sparen war beim VfB Stuttgart nicht immer ein beliebtes Wort. Das zeigen die 16,6 Millionen Euro Schulden, die den Klub plagen. Da wurden Spieler von Trainern verpflichtet, von denen jeder wusste, dass sie nur noch wenige Wochen im Amt sind. Jetzt hat sich dies alles geändert. Es wird gespart, und die "jungen Wilden" eilen von Erfolg zu Erfolg.
Beim 2:1 in Kaiserslautern standen sechs Spieler auf dem Platz, die vor nicht sehr langer Zeit noch gemeinsam in der A-Jugend spielten. Ganz freiwillig passierte der Wandel nicht. TV-Krise und fehlende Sponsoren haben den Schwaben keine andere Möglichkeit gelassen. Im Gegensatz zu anderen war der Klub allerdings gut auf die Situation vorbereitet. Denn hinter seinen Stars reihte der VfB eine Riege junger Spieler auf, die jederzeit einspringen konnten.
Mit Felix Magath kam ein Trainer dazu, der seinen Ruf als Feuerwehrmann und Schleifer los werden wollte. Heute gilt Magath als jemand, der besonders gut mit Talenten umgehen kann, schon interessant. "Ich verstehe mich als Wegweiser", sagt Magath, und seine Botschaft heißt: "Die Jungs müssen begreifen, dass der Beruf nicht immer Spaß macht."
Torwart Timo Hildebrand ist 24, Abwehrmann Andreas Hinkel 21, Aliaksandr Hleb 22, Timo Wenzel 25 und Steffen Danglmayr, der Kapitän der VfB-Amateure, ganze 19 Jahre jung. Von Millionengehältern sind diese Burschen (noch) weit entfernt. Selbst einer wie Kevin Kuranyi, der heute zu den gefragtesten Stürmern der Liga gehört und vor der Berufung in die Nationalmannschaft steht, soll nur rund 280 000 Euro im Jahr verdienen, obwohl ihn die halbe Bundesliga jagt.
Stuttgart lässt sich von seinem Sparkurs nicht abbringen. Da passt auch einer wie Krassimir Balakow nicht mehr rein. 2,6 Millionen Euro bekommt der 37 Jahre alte Bulgare. Im VfB-Etat für die nächste Saison tauchen sein Name und diese Summe nicht mehr auf. Balakow soll Magaths Assistent werden, soll als VfB-Repräsentant durch die Welt tingeln. Und als "Stand-by-Profi" zur Verfügung stehen. Magath setzt Balakow bereits seit Monaten geschickt als Lehrmeister für die jungen Spieler ein. "Von ihm können wir unheimlich viel lernen", sagt Kuranyi.
Während alles über den SC Freiburg und sein Jugendmodell redete, setzte der VfB Stuttgart seines notgedrungen um. Kein anderer Klub der Bundesliga hat so viele junge Spieler auf dem Platz. Selbst die kraftraubende Tour durch den UI-Cup packte die junge Garde. "Sie müssen lernen, verantwortungsvoll mit ihrem Job und ihrer Kraft umzugehen", fordert Magath. Die Botschaft des Vereins kommt an. Kuranyi schwärmt: "Man sieht einfach deutlich, dass sich hier in Stuttgart etwas entwickelt und dass junge Spieler eine echte Chance haben, zum Einsatz zu kommen."
Als sich Magath nach neuen Leuten für den Sturm umschaute, griff er in Nürnberg zu. Cacau soll bei den Franken schlappe 2500 Euro im Monat als Grundgehalt verdient haben. So einer passt ins neue Bild der sparsamen Schwaben. Seit Monaten spielen die neuen Stars der Liga, ohne den eigentlich vereinbarten Extrabonus für solche Erfolge zu bekommen. Als Manager Rolf Rüssmann noch im Amt war, holte er den Portugiesen Fernando Meira für rund 7,5 Millionen Euro von Benfica Lissabon. Und er sprach immer wieder über Mikael Forsell von Chelsea London, der ebenfalls einen hohen Millionenbetrag kosten sollte. Die VfB-Führung folgte Rüssmanns Plänen nicht und ließ vom Transfer ab.
Vor allem der neue Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Hundt, einflussreicher Arbeitgeberpräsident, drückt auf die Bremse und kritisiert Rüssmann für den Meira-Transfer. "Wenn mein Betriebsleiter kommt und eine neue Maschine will, dann sage ich ihm, die könnten wir zwar gut gebrauchen, aber wir können sie uns nicht leisten", so der Unternehmer. Ausgeben was man hat . . .