An einem der kommenden Tage wird ein Ebola-Patient zur Behandlung nach Berlin eingeflogen. Das hatten zumindest einige Medien berichtet. Berliner und Bundesbehörden dementieren dies, es gebe keine aktuellen derartigen Planungen. Und grundsätzlich? Was würde das für die Stadt bedeuten? Ist sie gerüstet? Welche Gefahren gibt es? Dies sind die wichtigsten Antworten.
Kommt demnächst ein Ebola-Patient nach Berlin?
Die Behörden sagen, dass kein derartiger Fall konkret absehbar sei. In zwei Zeitungen hatte es geheißen, dass bis spätestens Dienstag ein Kranker in die Isolierstation am Virchowklinikum der Charité verlegt werde. Und zukünftig? Wie aus der Charité verlautet, wird die Isolierstation früher oder später wohl einen Patienten zur Behandlung bekommen. Dies sei nur eine Frage der Zeit. Alle vergleichbaren Isolierstationen weltweit befänden sich in Alarmbereitschaft.
Wer trifft die Entscheidung einen Ebola-Patienten nach Deutschland zu bringen?
Die Entscheidung wird in Abstimmung mit den Bundesländern, den beteiligten Ministerien (Auswärtiges Amt, Bundesinnenministerium und Bundesgesundheitsministerium) und den Behandlungszentren getroffen. In den Fällen Hamburg und Frankfurt hatte die Weltgesundheitsorganisation angefragt, in dem Fall in Leipzig hatten die Vereinten Nationen vermittelt.
Wie ist der Entscheidungsweg bei einem Patienten, der nach Berlin gebracht wird?
Wenn ein Behandlungszentrum und das entsprechende Gesundheitsministerium des Landes ihre Zustimmung signalisiert haben, kann die Aufnahme erfolgen. In Berlin würde die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales dann alle Berliner Stellen über eine solche geplante Übernahme eines Patienten informieren.
Was geschieht nach der Ankunft eines Patienten auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel?
Er wird mit einem speziell ausgerüsteten Infektionstransportfahrzeug (IFT) der Berliner Feuerwehr auf die Sonderisolierstation der Charité gefahren.
Was geschieht mit einem Ort, an dem eine infizierte Person vermutet wird, beispielsweise mit einem Großraumbüro?
Der Amtsarzt bestimmt, was in dem Einzelfall mit dem Ort und den dortigen Personen geschieht. Grundlage ist der Seuchenalarmplan des Landes Berlin. Während der Zeit der Ermittlung durch das Gesundheitsamt müssen die an diesem Ort anwesenden Personen isoliert werden. Unter Umständen muss das die Polizei erzwingen.
Hat es in Berlin schon Ebola-Alarm gegeben?
Ja, zweimal. Nach dem am Sonntagabend bei der Berliner Feuerwehr eingegangenen Ebola-Alarm hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen den vermeintlich Infizierten eingeleitet. Der Mann steht im Verdacht, wahrheitswidrig eine Ebola-Erkrankung gemeldet zu haben. Ein Feuerwehrsprecher sprach am Montag von einem „ausgesprochen schlechten und böswilligen Scherz“. Der könnte den „Spaßvogel“ eine fünfstellige Euro-Summe kosten, wenn er für den Einsatz aufkommen muss. Anders vor einigen Monaten bei einem Ebola-Alarm in einem Jobcenter in Lichtenberg. Auch hier bestätigte sich der Verdacht nicht. Symptome, die auf eine Seuchenerkrankung hinwiesen, waren aber tatsächlich vorhanden. Wer aufgrund eines ernsthaften Verdachts (auch wenn der für einen ausgebildeten Mediziner unsinnig ist) die Feuerwehr ruft, muss die Kosten nicht tragen.
Wie groß ist die Gefahr, dass sich medizinisches Personal an einem Patienten ansteckt?
Solche Infektionen hat es an Kliniken in Texas und Madrid gegeben. Die Bundesregierung erklärt, dies sei hierzulande ausgeschlossen. Hier arbeite hochspezialisiertes Personal. Die Bundesländer überwachten die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, das Personal übe regelmäßig den Umgang mit Patienten und den eigenen Schutz. Doch solch eine Einschätzung hätten vermutlich auch die Behörden in Spanien und den USA gegeben. Fehler könnten passieren, räumt der Gesundheitsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, ein. Dies sei menschlich, was der aktuelle Fall in den USA zeige.
Warum ist der Schutz des Personals so schwierig?
Das Ausziehen des Schutzanzuges ist ein komplexer Prozess. Die Reihenfolge einzelner Handgriffe beim Ausziehen von Kittel, Handschuhen, Gesichts- und Augenschutz muss exakt eingehalten werden. Das geschieht immer in Anwesenheit eines Kollegen, der die Abläufe kontrolliert. Doch wenn etwa auf der Brille Spritzer landen, ist der Impuls groß, die Brille zu früh abzunehmen. Und wenn ein Fehler passiert ist, kann die Versuchung unter all dem Druck groß sein, das nicht sofort zu melden.
Welche Übertragungswege gibt es?
Mit dem Virus infizierte Menschen sind erst ansteckend, wenn sie erste Symptome wie Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Muskel- oder Halsschmerzen entwickeln. Das bedeutet, dass Menschen in der Inkubationszeit – also in der Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit – Ebola nicht weitergeben. Diese Zeitspanne beträgt zwei bis 21 Tage. Übertragungsmedien sind Körperflüssigkeiten wie Blut, Fäkalien, Speichel, Erbrochenes, Muttermilch, Urin, Sperma und Tränen. Die Viren gelangen von ihnen über Haut, Schleimhäute und Wunden in den Körper. Auch kontaminierte Gegenstände wie Kleidung können die Viren „weiterreichen“.
Wie groß ist die Gefahr, dass das Virus aus dem Ausland eingeschleppt wird?
Eine versehentliche Einschleppung des Erregers nach Deutschland hält das Berliner Robert Koch-Institut für denkbar. „Das Risiko ist gering, aber wir müssen natürlich damit rechnen“, sagt RKI-Vizepräsident Lars Schaade. Zehn oder 20 Fälle seien nicht auszuschließen, sagt der Virologe Alexander Kekulé von der Universität Halle-Wittenberg.
Reichen die Behandlungsplätze?
In sieben Isolierstationen bundesweit werden 50 Plätze vorgehalten. Bislang ist das ausreichend, denn es gibt nur Einzelfälle, die nach und nach geplant nach Deutschland kommen. Alle andere Szenarien über wachsende Zahlen von Ebola-Patienten seien derzeit nicht realistisch, sagt der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz, Christoph Unger. Ein Problem sieht Virologe Kekulé bei der Verteilung der Isolierstationen. In Berlin etwa sind in kurzer Zeit bis zu 20 Behandlungsplätze verfügbar, im großen Bundesland Nordrhein-Westfalen nur drei und in manchen Bundesländern gar keine. Wenn ein Infizierter unerkannt nach Deutschland einreist und weitere Personen infiziert, könnte die Zahl der Erkrankten sprunghaft ansteigen und die bestehenden Kapazitäten ausreizen. Das wäre auch ein großes personelles Problem, denn für jeden Patienten sind zehn oder 20 betreuende Personen notwendig. Sind alle Betten in Sonderisolierstationen belegt, könnten auch weitere Krankenstationen umfunktioniert werden. Bei Einhaltung der bekannten Sicherheitsmaßnahmen sei dann auch dort eine sichere Therapie der Patienten gewährleistet, sagen Experten.
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