Medizin

Das sind die schlimmsten Krankenhauserreger

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Wolfgang W. Merkel

In Deutschland sterben jährlich bis zu 20.000 Menschen an Infektionen, die sie in einer Klinik erlitten haben

Rund 17,5 Millionen Menschen werden pro Jahr in deutschen Krankenhäusern stationär behandelt, und die Zahl der Patienten nimmt weiter zu. Das Europäische Zentrum für Prävention und Krankheitskontrolle schätzt, dass jährlich drei Millionen Patienten in Europa eine Krankenhausinfektion erleiden und 50.000 sterben. In Deutschland sterben demnach 10.000 bis 15.000 Patienten. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene schätzt die Zahl hierzulande sogar auf 20.000. Dabei sind die todbringenden Keime für einen gesunden Menschen oft harmlos. Es handelt sich oft um Bakterien, die den Menschen natürlicherweise besiedeln: Sie leben auf der Haut oder im Darm. Die häufigsten Krankenhaus-Infektionen betreffen deshalb Wunden, Atemwege und den Harntrakt.

Das sind die wichtigsten Keime, die zu Krankenhausinfektionen führen:

Staphylokokken Sie verursachen Blutvergiftung und Entzündungen der Herzinnenhaut (Foto links). Gefürchtet ist Staphylococcus aureus. Mit Tricks versteckt er sich gewissermaßen, sodass er dem Immunsystem verborgen bleibt. Vor allem aber bildet er gefährliche Resistenzen gegen Antibiotika. Die unter dem Kürzel MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) bekannten Stämme sind bereits gegen viele verbreitete Antibiotika resistent. Jeder fünfte isolierte Stamm zeigt Resistenzen. Manchmal versagen sogar die wenigen verbleibenden Reserve-Antibiotika. Diese setzen Ärzte nur selten in besonders hartnäckigen Fällen ein. So soll verhindert werden, dass die Keime sich auch schnell an sie anpassen können. Die Art Staphylococcus epidermidis lebt auf Haut und Schleimhäuten. Bei Immungeschwächten wandert er leicht entlang von Kathetern und Drainagen in den Körper. Er ist der häufigste Keim bei Infektionen, die auf diese Weise entstehen. Drei von vier dieser Keime sind bereits multiresistent, sodass sehr genau geprüft werden muss, welches Mittel noch wirkt.

Pseudomonaden Sie verursachen Atemwegs-, Harnwegs- und Wundinfektionen sowie Hirnhautentzündung und Entzündungen des Gehörgangs. Häufig sind sie an Lungenentzündungen beteiligt. Außerdem lösen sie Blutvergiftung (Sepsis) sowie Herzkrankheiten aus. Viele Arten dieser Bakteriengattung bilden Antibiotikaresistenzen. Vor allem die Art P. aeruginosa ist berüchtigt. Zudem baut sie einen schleimartigen Biofilm auf, der die Keime vor den Angriffen von Antibiotika und Fresszellen des Immunsystems schützt.

Enterobakterien Viele von ihnen sind Darmbewohner (griech. enteron = Darm), einige Arten leben aber auch im Boden. Ein Teil von ihnen, etwa Enterobacter aerogenes und E. cloacae, verursachen Hirnhaut-, Harnwegs- und Atemwegsentzündungen. Sie spielen gerade bei Infektionen von Frühgeborenen eine wichtige Rolle.

Escherichien Auch diese nach dem Kinderarzt Theodor Escherich benannten Keime (siehe Foto links) gehören zur Familie der Enterobakterien. Am bekanntesten ist Escherichia coli (E. coli). Zwar sind die meisten Stämme harmlos, aber einige sind „opportunistisch“: Sie werden krank machend, wenn ein Mensch durch andere Umstände geschwächt ist. Bei Neugeborenen können die Keime dann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und Hirnhautentzündung auslösen. Andere Stämme sind für Blutvergiftung verantwortlich. Abseits der Krankenhausinfektionen lösen E. coli Darminfektionen aus. Schätzungsweise 160 Millionen Kinder sterben weltweit jedes Jahr an tödlichen Durchfallerkrankungen durch E. coli.

Enterokokken Auch sie leben im Darm des Menschen, gehören aber einer ganz anderen Bakteriengruppe an. An ihrem natürlichen „Wohnort“ sind sie so nützlich, dass Enterokokken sogar probiotischen Lebensmitteln zugesetzt werden, um die Verdauung zu unterstützen. Aber auch bei ihnen gilt: Wandern sie bei immungeschwächten Personen in die falschen Organe, verursachen sie Atemwegs-, Harnwegs- und Herzentzündungen sowie Sepsis.

Acinetobacter In dieser Bakteriengattung sind viele Arten resistent gegen die verbreiteten Antibiotika. Vor allem die multiresistente Art A. baumannii wird in Krankenhäusern übertragen und verursacht Wundinfektionen, Hirnhaut- und Lungenentzündungen. Die „Ärzte-Zeitung“ betitelte einen Artikel mit der Überschrift „Bei diesem Keim in der Klinik ist Feuer unterm Dach“. Dies sei einer der „gefährlichsten Neuankömmlinge unter den Krankenhauskeimen“.

Serratien Auch die im aktuellen Fall in Berlin bei mehreren Frühchen entdeckten Serratien (l.) sind Darmbewohner. Noch sind sie eher selten Ursache von Krankenhausinfektionen, aber die Zahl der Fälle auf Intensivstationen und Geburtsstationen steigt. Sie lösen Lungenentzündung oder Wundinfektion aus. Bislang sind Serratien vergleichsweise gut zu behandeln, Resistenzen gegen Antibiotika sind kaum bekannt. Gefährlich können sie dennoch werden – gerade bei Frühchen, die operiert werden müssen.

Klebsiella Einige Arten aus dieser Gattung der Enterobakterien leben im Boden und im Wasser, K. pneumoniae jedoch im Darm und im Mund. Wie der Name andeutet (griech. pneumon = Lunge) befällt er die Atemwege, wenn das Immunsystem geschwächt ist, außerdem die Harnwege. Seit gut zehn Jahren beobachten Experten zunehmend Resistenzen.