Gesundheit

Nachdenkliche Eltern im Virchow-Klinikum

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Gerlinde Schulte

Es ist still auf den Gängen vor Station 32 der Neonatologie im Charité-Campus Virchow im Wedding.

Wer auf die Intensivstation zu den Frühchen will, muss sich per Gegensprechanlage anmelden, mehr als zwei Besucher pro Patient dürfen nicht rein. Gleich daneben, gegenüber den silbernen Aufzügen, liegt der Kreißsaal. Auf den vier Stahlsitzen auf dem Gang sitzen müde Sabine (48) und Ahmed (27), fast 27 Stunden haben sie dort ausgeharrt und auf die Geburt von Sabines erster Enkelin Milena gewartet. „Hier war es die ganze Zeit sehr ruhig“, sagt Ahmed, dessen Freundin der jungen Mutter bei der Geburt beisteht. „Alles ist gut gelaufen für meine Schwiegertochter“, sagt Sabine. Sie und Ahmed sind froh, dass Milena kein Frühchen ist, dann würden sie sich mehr Sorgen machen.

Von den Darmkeimen auf Frühchenstationen der Charité haben sie gehört, der jungen Mutter jedoch nichts davon erzählt. „Wir wollten sie nicht beunruhigen“, sagen sie. Auch wenn die Keime für normalgewichtige Neugeborene kein Problem darstellen sollen, was Ahmed, anders als Sabine, nicht wusste. „Man denkt ja sowieso, man muss den Ärzten glauben und dass die schon das Richtige tun“, sagt Sabine. Hier in der Klinik hätte ihnen jedenfalls keiner davon erzählt, auch nicht, ob man sich jetzt häufiger die Hände waschen solle.

Die 28-jährige Aynur ist mit ihrem knapp drei Monate alten Baby und ihrem Neffen auf Kurzbesuch hier. Ihre Schwester liegt auf der Wöchnerinnenstation, der Neffe hatte Sehnsucht nach Mama. „Ich hab meiner Schwester gesagt, sie soll nicht zu lange hierbleiben“, sagt Aynur. „Generell heißt es ja, dass man sich in Krankenhäusern mit Keimen infizieren kann.“

Keine Information zu Serratien

Eine Tante, ehemalige Krankenschwester, hatte sie angerufen und ihr eingeschärft, ihren Besuch kurzzuhalten. Auch wenn sie eigentlich nicht ängstlich sei, hätte Aynur die Kinder am liebsten ganz zu Hause gelassen.

Truhan (30) schiebt seine neugeborene Tochter im Wärmebettchen auf die Station 62 der Neonatologie. Die Kleine ist kein Frühchen, sie ist 51 cm groß und 3500 Gramm schwer, hatte aber Herzrhythmusstörungen und muss erst mal unter Beobachtung. Der Student aus Senegal musste sich die Hände desinfizieren und durfte nicht mit ins Untersuchungszimmer – „da durften nur Leute mit Kitteln rein“, erzählt er. Von den Serratien hatte er noch nichts gehört, auch in der Klinik hat niemand etwas dazu gesagt. „Ich fühle mich gut aufgehoben, bis jetzt klappt alles wunderbar, das Personal ist kompetent, freundlich und hilfsbereit“, lobt er.

Natalie ist besser informiert. Die 31-Jährige hat im Internet recherchiert, bevor sie mit dem viereinhalb Monate alten Paul zu einem Ultraschalltermin gekommen ist. Sie wollte sichergehen, dass sie ihn nicht gefährdet. Paul ist in der Klinik zur Welt gekommen und ein kräftiges Kerlchen. Auch der Engländer Richard macht sich keine Sorgen. Der Mittdreißiger ist noch ganz überwältigt von der Geburt seiner Tochter am Dienstagmittag. „Alles in Ordnung“, sagt er. „Ein Freund hat mir gestern von den Keimen erzählt, und meine Frau hat nachgefragt“, sagt Richard. „Sie haben uns gesagt, dass die Station, auf der unser Kind liegt, nicht betroffen ist. Das hat uns beruhigt.“ Die Menschen, die im Klinikum arbeiten, seien fantastisch.