Auch Sebastian Edathy, Rechtsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, spricht sich für ein spezielles Datenschutzgesetz aus. Darin müsse klar definiert werden, "was zulässig ist und was nicht", sagte Edathy "Handelsblatt online". Die Piratenpartei, die sich als Partei der Informationsgesellschaft versteht und für informationelle Selbstbestimmung eintritt, lehnt hingegen ein schärferes Datenschutzgesetz ab. Zwar könne er die Aufregung um Street View nachvollziehen, sagte Parteichef Jens Seipenbusch im Deutschlandradio Kultur. Aber um private Daten zu schützen, "braucht man keine neuen Gesetze".
Der Chaos Computer Club (CCC), ein Verein von Hackern, der sich seit fast 30 Jahren für ein Menschenrecht der weltweiten Kommunikation und der Informationsfreiheit einsetzt, hält diese politische Diskussion indes für künstlich herbeigeführt. "Die Aufregung um Street View ist rein virtuell", sagt CCC-Sprecher Frank Rosengart. "Street View ist eine coole Sache - solange die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden." Google meine, im Rahmen der deutschen Gesetze zu handeln, sagt Rosengart. So sei es etwa Auslegungssache, ob das Fotografieren vom Dach der Autos, mit denen Google durch die Straßen fährt, in einer Höhe von etwa 2,90 Meter noch zulässig sei.
Deutsche Debatte nur Aktionismus
Ein neues Datenschutzgesetz lehnt der CCC indes ab. "Es ist gut, dass das Thema Datenschutz in der Gesellschaft angekommen ist. Wir brauchen aber keine Lex Google, sondern eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir uns Datenschutz in Zukunft überhaupt vorstellen." Deshalb müsse es um grundsätzliche Überlegungen gehen: "Was passiert beispielsweise, wenn Google nicht einmal alle zwei Jahre durch die Straßen fährt, sondern alle zwei Wochen oder alle zwei Tage? Und was passiert, wenn das künftig nicht nur Google macht, sondern eine ganze Reihe von anderen Firmen?" Dass es auf solche Fragen noch keine abschließenden Antworten gebe, sei niemandem übel zu nehmen, auch keiner Partei. "Aber die deutsche Politik übt sich zurzeit in Aktionismus. Sie hat keine Visionen." Vielmehr werde "Symbolpolitik" betrieben. "Und die Äußerungen von Ministerin Aigner sind vollkommen unqualifiziert."
Der CCC erwarte vielmehr, dass es zu einfachen Lösungen kommt: Google müsse etwa verpflichtet werden, Schadensersatz in bestimmter Höhe zu zahlen, wenn ein Haus oder eine Person nicht wie gewünscht unkenntlich gemacht wäre. "Das macht für alle Beteiligten - Google und Bürger - das Phänomen Street View kalkulierbar." Die Politik müsse zudem die gesellschaftliche Diskussion über Datenschutz in Gang halten - und Experten um Rat fragen. Der CCC etwa würde es begrüßen, wenn Google jede Straße zweimal fotografieren würde. Anschließend solle nur das, was identisch ist, tatsächlich im Internet gezeigt werden. "Damit können unliebsame Zufälle wie parkende Autos vor einem Bordell ausgeschlossen werden", sagt CCC-Sprecher Rosengart. Diese Methode ist technisch anspruchsvoll und vor allem teuer für Google. Deshalb könne es "praktikabel sein, wenn die Google-Autos mit rotem Blinklicht und Hupen fahren - dann kann man sich wegducken."