"Familienmonitor 2009"

In der modernen Familie kommt es auf den Mann an

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Karen Merkel

Auch 2009 steht Papa im Mittelpunkt - wenn man der neuen Studie des Familienministeriums folgt. Denn die Rolle des Mannes ist diejenige, die sich innerhalb der Familie am stärksten verändert - auch vor dem Hintergrund der Finanzkrise.

- "Väter spüren die Auswirkungen stärker als Mütter", sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei der Vorstellung des "Familienmonitors 2009" gestern in Berlin.

Fast die Hälfte aller Väter von Kindern unter 18 Jahren ist an seinem Arbeitsplatz von der Krise betroffen, bei den Müttern ist es nur jede Vierte. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Allensbach-Instituts: "Väter sind deshalb stärker betroffen, weil männerdominierte Berufe stärker unter Auftragsrückgang zu leiden haben, wie der Auto- oder Maschinenbau."

Die Wirtschaftkrise führe auch zu einer Rückbesinnung auf familiäre Werte. Doch die Vorstellung von Familie ist häufig moderner als die Realität. Auch wenn alternative Lebensformen in den vergangenen 15 Jahren aufgeholt haben, ist die traditionelle Kernfamilie noch immer die häufigste: Drei Viertel der Familien waren laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2006 verheiratete Ehepaare mit Kindern. Doch gerade die klassische Kleinfamilie befindet sich im Wandel. Die Untersuchung zeigt, dass für Männer die Familie heute immer wichtiger wird. Rund 40 Prozent von ihnen hätten gern mehr Zeit für ihre Partner und Kinder. Dabei ist der Beruf bei Männern der einzige Faktor, der ihnen diese Zeit nimmt. Während sich 58 Prozent der Väter wünschen, nicht mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten, schaffen das in der Wirklichkeit gerade einmal 41 Prozent der Papas. 57 Prozent dagegen arbeiten 40 Stunden oder mehr, 19 Prozent sogar regelmäßig mehr als 50 Stunden pro Woche.

Ratzmanns Vaterschaftsmodell

Der Berliner Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann hat es im vergangenen Jahr vorgemacht: Er wollte Zeit für sein Kind und zog seine Kandidatur für den Bundesvorsitz seiner Partei zurück. Es war ihm wichtiger, sich der Kindererziehung zu widmen. Mittlerweile ist seine Tochter Emma vier Monate alt, und Ratzmann hat seine Vaterschaft zum Politikum gemacht. Er spricht auf Podiumsdiskussionen über seine Entscheidung, sich Zeit für die Familie zu nehmen und setzt sich dafür ein, dass ein verändertes Männerbild in der Gesellschaft akzeptiert wird. Anfang des Jahres folgte ihm Stefan Rössle, Landrat in Donau-Ries und einer der ersten modernen Papas der CSU. In dessen Partei hatte die Familienpolitik von der Leyens nur selten ein freundliches Wort geerntet, Landesgruppenchef Peter Ramsauer hatte zum Elterngeld gesagt: "Wir müssen dieses Wickelvolontariat nicht unbedingt haben."

Ministerin von der Leyen sieht dagegen ihre Familienpolitik bestätigt. Die Eltern in Deutschland hätten verstanden, "dass eine Familie, in der es zwei Verdiener gibt, mehr soziale Sicherheit garantiert", sagte sie. Für Eltern sei deswegen eines der wichtigsten Themen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert würden, damit beide verdienen könnten.

Und es ist auch die Lebensform, die immer mehr gewünscht wird, vor allem von den Frauen. Nur noch 37 Prozent der befragten Frauen sahen Beruf und Kinder gut miteinander vereinbart, wenn einer der beiden Elternteile beruflich zurücksteckt. Knapp zwei Drittel wollen heute auch als Mutter im Beruf nicht mehr kürzer treten. Die Mehrheit der Männer ist hingegen für eine klassische Rollenaufteilung. 38 Prozent sprachen sich allerdings dafür aus, dass nicht nur ein Partner im Beruf Abstriche machen darf. Um beiden Elternteilen die Berufstätigkeit zu ermöglichen, wünschen sich 78 Prozent der Bevölkerung ein stärkeres Engagement der Unternehmen. Nur sechs Prozent der Befragten sagten, dass dafür von Seiten der Arbeitgeber bereits genug getan werde. Für 87 Prozent stehen dabei flexiblere Arbeitszeiten an erster Stelle, 67 Prozent wünschen sich einen erleichterten Wiedereinstieg nach der Elternzeit und die Möglichkeit, Sonderurlaub zu nehmen, wenn das Kind krank ist. 56 Prozent wünschen sich mehr Teilzeitstellen.

Allerdings haben die Eltern nicht nur Wünsche an ihre Arbeitgeber, sondern melden vor allem Bedarf bei der Kinderbetreuung an. Ausreichend Kindergartenplätze und eine verstärkte Ganztagsbetreuung in Kita und Schule sind für mehr als 70 Prozent der Eltern wichtig, um Beruf und Erziehung unter einen Hut zu bringen. Verlässliche Unterrichtszeiten, in denen auch ausfallende Schulstunden kompensiert werden, stehen bei 81 Prozent der Eltern mit schulpflichtigen Kindern auf dem Wunschzettel.

Firmen unterschätzen das Thema

Den Wünschen der Familien steht allerdings auf Arbeitgeberseite noch ein mangelndes Bewusstsein gegenüber. 41 Prozent der Unternehmen sehen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als wichtiges Thema an - für mehr als die Hälfte der Firmen spielt es allerdings keine Rolle. Betriebe mit einem hohen Frauenanteil sind dabei erheblich stärker mit der Thematik vertraut, hier bewertet knapp die Hälfte der Befragten die Frage nach der Vereinbarkeit als wichtig. Bei den Firmen mit hohem Männeranteil finden nur 34 Prozent diese Frage bedeutsam. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen unterschätzen die Wirkung familienfreundlicher Angebote; jedes dritte glaubt nicht, dass eine bessere Vereinbarkeit ein Grund für einen Stellenwechsel sein könnte.

Dabei kann sich familienfreundliche Politik sogar rechnen. Das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik der Universität Münster befragte 2008 mehr als 1000 Unternehmen - und stellte fest, dass familienfreundliche Unternehmen sowohl ihre Mitarbeitproduktivität als auch die Bindung wichtiger Mitarbeiter steigern konnten. Und die Einschätzung vieler Betriebe bewahrheitet sich nicht: Firmen, die ein familienfreundliches Image haben, erhalten im Durchschnitt ein Viertel mehr Bewerbungen als Unternehmen mit weniger Familienfreundlichkeit.

Das spielt umso mehr eine Rolle, als dass Männer sich heute immer häufiger eine aktive Rolle im Familienleben wünschen und zunehmend Bereitschaft zeigen, dafür im Beruf zu pausieren. Von der Leyen weist darauf hin, dass mittlerweile 77 Prozent der Bevölkerung das Elterngeld befürworten. Vor allem aber nehmen mittlerweile 18 Prozent der Väter das Elterngeld in Anspruch, während es im Jahr 2007 nur zehn Prozent waren.