Steuerausfälle

Berlin droht ein neues Milliardenloch

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Stefan Schulz

Das Land Berlin steht vor schweren Haushaltszeiten. Nach der neuen Steuerschätzung für Bund, Länder und Kommunen will Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) zwar erst heute die Zahlen für Berlin präsentieren, aber seit gestern ist klar, dass das Land um neuerliche hohe Schulden nicht herumkommen wird.

Haushaltsexperten rechnen damit, dass der Hauptstadt allein in diesem Jahr Steuerausfälle von mindestens 500 bis 600 Millionen Euro bevorstehen. Damit stehen sowohl der Bau der Landesbibliothek, die Hochschulverträge, der Masterplan der Charité zur Sanierung aller Standorte als auch die Tariferhöhungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf dem Prüfstand. Und ist überhaupt noch genug Geld da für Lehrer, die die Schulstrukturreform mit Leben füllen sollen?

Der neue Finanzsenator wusste um die angespannte Situation und hatte kurz nach seinem Amtsantritt schon darauf reagiert: "Zur weiteren Sanierung des Haushaltes gibt es keine Alternativen." Das bedeutet: Auch strukturelle Kürzungen könnten bevorstehen, um das enorme Haushaltsloch zu stopfen. Die Grünen haben die Zahlen hochgerechnet. Wenn auf der Ausgabenseite nichts passiere, werde der Haushalt 2013 neue Schulden von rund 1,5 Milliarden Euro erfordern, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Jochen Esser. "Die absehbar zu optimistische Finanzplanung von Rot-Rot ist Makulatur."

Die Koalition habe in den vergangenen zwei Jahren „eine Ausgabenparty gefeiert“. Diese Party sei nun vorbei, sagte Esser. Für diese schwere Haushaltsschieflage sei der ehemalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) verantwortlich, erklärte der Grünen-Abgeordnete. Nun seien neue Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich. Ziel müsse sein, vor 2020 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Ähnlich sieht das auch die Berliner CDU. "Der Konsolidierungspfad darf nicht verlassen werden", warnte CDU-Haushaltsexperte Florian Graf. "Wir müssen eine strikte Ausgabendisziplin wahren, damit der Haushalt nicht aus den Fugen gerät." Man werde sehen, ob sich der neue Finanzsenator Nußbaum in den Verteilungskämpfen mit der SPD und der Linkspartei durchsetzen könne. "Das wird eine gewaltige Anstrengung. Da ist vor allem auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gefordert", ist Graf überzeugt.

Auch aus Sicht der SPD gibt es nun keine Tabus mehr. Stefan Zackenfels, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte: "Der Senat ist jetzt gefordert, die Eckwerte des Haushalts anzupassen. Klar ist für uns, dass wir konjunkturbedingten Ausfällen nicht hinterhersparen werden." Er sehe nicht, wie Berlin die kommenden Jahre ohne Schuldenaufnahme auskommen könne, sagte Zackenfels.

In dieser Situation könnten die Angestellten und Arbeiter, bei denen zum Jahresende der sogenannte Solidarpakt ausläuft, nicht mit zusätzlichen Tariferhöhungen rechnen. Sie würden nur wieder den vollen Lohn auf dem Niveau aus dem Jahr 2003 erhalten - also zwischen acht und zwölf Prozent mehr. "Mehr zu stemmen, wird wohl kaum möglich sein", sagte der SPD-Finanzpolitiker. Zackenfels kündigte an, dass das Thema Schuldenbremse wieder auf die Tagesordnung kommen werde.

"Zur weiteren Sanierung des Haushaltes gibt es keine Alternativen"

Finanzsenator Ulrich Nußbaum