Neue Umfrage zur Lehre an Universitäten – Vorbereitung auf Beruf kommt zu kurz
Die große Mehrheit der Studenten in Deutschland ist glücklich mit ihrem Studium, und die Zufriedenheit wächst seit Jahren. Das ergibt sich aus einer noch unveröffentlichten Studie der Universität Konstanz im Auftrag des Forschungsministeriums, die der Berliner Morgenpost in Auszügen vorliegt. Demnach bewerten 78 Prozent der Befragten die inhaltliche Qualität der Lehre positiv. Zehn Jahre zuvor waren es erst 64 Prozent gewesen.
Aufbau und Struktur der Studiengänge erhalten ähnlich gute Noten. Das ist bemerkenswert, da der überwiegende Teil der Studiengänge auf das Bachelor- und Mastersystem umgestellt wurde. Die starke Verschulung dieser neuen Struktur wurde immer wieder kritisiert. Doch die meisten Studenten treibt das offensichtlich nicht mehr um. „Die Ergebnisse zeigen: Trotz der stark gewachsenen Studienanfängerzahlen sehen die meisten ihre Studiensituation positiv“, sagte Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU).
Die Studenten haben aber noch Wünsche. So erwarten 41 Prozent der Studenten an Universitäten mehr Praxisbezug. Bei den Fachhochschulstudenten sind es 20 Prozent. 59 Prozent der Befragten fordern Praktika als festen Bestandteil des Studiums. Dies korrespondiert mit den Erwartungen an ein Studium. An erster Stelle steht mit einem Wert von 79Prozent die Hoffnung, eine interessante Arbeit zu bekommen. 58Prozent der Befragten erwarten, dass ihnen das Studium später einmal ein gutes Einkommen garantiert.
Mittlerweile studieren mehr als 50Prozent eines Altersjahrgangs an den Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland. Schon wird darüber diskutiert, ob es nicht zu viele sind. Dabei wird gar nicht so häufig nach den Gründen gefragt, warum immer mehr junge Menschen lieber studieren wollen, als sich beruflich ausbilden zu lassen.
Der aktuelle Studierenden-Survey der Universität Konstanz, eine Umfrage unter 5000 Studentinnen und Studenten im Wintersemester 2012/13 im Auftrag des Bundesforschungsministeriums, gibt auch darauf nun eine Antwort. Sie wird nicht formuliert, aber sie ist klar aus den Ergebnissen herauszulesen: Die Studenten verstehen ihre Hochschulen heute als eine Art bessere Berufsschule. Sie erwarten die Vorbereitung auf einen konkreten Beruf.
Wenn dem so ist, warum sollten sie dann eine duale Ausbildung machen, wenn in ihren Augen die Hochschulen doch den gleichen Ansatz verfolgen (sollten)? Noch dazu, wo eine Hochschulausbildung laut hinlänglich bekannter Statistiken ein besseres Einkommen verspricht, Arbeitslosigkeit unter Akademikern noch immer ein seltenes Phänomen ist und der soziale Status eines Hochschulabschlusses so schlecht auch nicht ist. Die Aussicht auf eine gute wissenschaftliche Ausbildung – immerhin einmal das Kernanliegen des Systems Universität – fällt dagegen mit 67 Prozent doch deutlich ab. Zwar haben die Forschungsbezüge aus Sicht der Betroffenen innerhalb eines Jahrzehnts zugenommen. „Allerdings“, so heißt es in der Studie, „bescheinigt der Hochschullehre nur ein kleiner Teil einen besonders guten, der größere Teil einen durchschnittlichen Forschungsbezug.“
Seit 2001 hat auch die Erwartung, ein Studium garantiere ein gutes Einkommen, um 16 Prozentpunkte auf 58 zugelegt. Das, was man mit dem Wort „Studentenleben“ bisweilen noch gehässig als wichtigen Grund für ein Studium annimmt, nämlich den Berufseinstieg hinauszuzögern, spielt in den Köpfen der heutigen Studenten so gut wie keine Rolle mehr. Nur acht Prozent geben dies als Motivation an. Studenten wollen studieren, um möglichst schnell einen gut bezahlten, interessanten Beruf zu erlangen.
Die Sicht der Ministerin
Das ist gewiss kein unsinniges Anliegen, allerdings fragt sich, ob die Hochschulen auf diese Erwartungshaltung schon eingestellt sind. Ja und Nein, muss die Antwort lauten. An Universitäten sehen 54 Prozent der Studenten im Master und 53Prozent im Bachelorstudium die Berufsvorbereitung als starkes oder mittleres Merkmal ihres Fachs. Weit höher sind die Werte an Fachhochschulen. 84 Prozent der Bachelorstudenten und 76 im Master attestieren ihnen eine gute bis sehr gute Berufsorientierung. Die Einschätzung der Praxisbezüge liegt an beiden Hochschulformen noch einmal etwas höher.
All diese Werte sind seit der ersten Erhebung 2001 gestiegen. An den Fachhochschulen ist seit 2009/10 die positive Bewertung des Praxisbezugs noch einmal um neun Prozentpunkte angewachsen. Bezeichnend ist, wie das Forschungsministerium diese Veränderungen bewertet: „Die Einbindung von Praxis und Berufsvorbereitung in die Lehre ist an den Fachhochschulen überwiegend gelungen, während an Universitäten fast die Hälfte der Studierenden noch darauf verzichten muss.“ Dies dokumentiert, dass die Politik in der konkreten Berufsvorbereitung ein Kernanliegen der Hochschulen erkennt.