- Dieser Nationalfeiertag der Franzosen am Sonnabend war etwas anders als sonst. An der prunkvollen Militärparade mit knapp 5000 Mitgliedern von Heer, Luftwaffe, Marine und Zivilschutz nahmen auch Soldaten eines Jägerbataillons der Bundeswehr teil. Sie erinnerten damit an den 50. Jahrestag der deutsch-französischen Aussöhnung. Der erste Nationalfeiertag, den François Hollande als Staatspräsident beging, wurde allerdings von einer Krise überschattet. Frankreich steht noch immer unter Schock, seit Autobauer PSA Peugeot Citroën Donnerstag den Abbau von 8000 Arbeitsplätzen ankündigte. Entsprechend standen Wirtschaftsfragen in dem traditionellen Interview, das Hollande am 14. Juli am frühen Nachmittag im Fernsehen gab, im Mittelpunkt.
Und dann ist auch die "Twitter-Affäre" noch nicht überstanden. Ausweichend antwortete das Staatsoberhaupt auf die Frage nach seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler, die mit ihrer Nachricht über den Kurznachrichtendienst Twitter Ségolène Royal, Hollandes früherer Partnerin und Mutter seiner Kinder, öffentlich in den Rücken gefallen war und damit einen Skandal ausgelöst hatte.
Ehefrau wieder in der Öffentlichkeit
Er unterscheide klar zwischen öffentlichem und privatem Leben, sagte Hollande in der ersten Erklärung zu dem Eklat. "Ich finde, dass private Angelegenheiten im Privaten geklärt werden müssen", sagte er. "Darum habe ich auch alle diejenigen gebeten, die mir nahestehen." Die Trennung zwischen privatem und öffentlichem Leben sei "penibel zu respektieren". Seine Lebensgefährtin wünsche, ihren Beruf als Journalistin weiter ausüben zu können. Das verstehe er. Es sei selten, dass das Protokoll verlange, dass sie an seiner Seite zugegen sei. Wenn dies der Fall sei, werde sie dort sein. Die Aufgabe der "Première Dame" müsse nicht neu definiert werden. Seit der Twitter-Affäre hatte Trierweiler sich bei öffentlichen Auftritten zurückgehalten. Am Sonnabend zeigte sich die Journalistin während der Parade erstmals wieder an der Seite des Präsidenten.
Ausführlich äußerte sich Hollande zur Krise beim Autokonzern PSA. Er kündigte an, dass seine sozialistische Regierung einen Hilfsplan für die Automobilindustrie vorlegen werde. Es solle sich nicht um eine Neuauflage der Abwrackprämie handeln, sondern um "Anreize für den Kauf von umweltfreundlichen Wagen". Damit deutet alles darauf hin, dass Frankreich eine neue Steuer auf Luxusautos einführen wird, um die auf das Klein- und Mittelklassesegment spezialisierten heimischen Autobauer zu fördern. Die Maßnahme würde vor allem deutsche Autobauer benachteiligen. Die Idee stammt von Abgeordneten aus Regionen, in denen die Automobilindustrie angesiedelt ist, darunter Wirtschaftsminister Pierre Moscovici. In einem Weißbuch forderten sie einen "ökologischen New Deal", um den Niedergang der Autoindustrie zu stoppen. Sie schlugen deshalb vor, den Import von Autos mit hohem CO2-Ausstoß zu besteuern und so den Absatz kleinerer Modelle zu fördern. Von solchen Maßnahmen besonders betroffen wären vor allem die deutschen Hersteller von Oberklasse-Fahrzeugen Audi, BMW und Mercedes.
Hollande erklärte in dem Interview am 14. Juli zudem, dass der Staat den drastischen Restrukturierungsplan von PSA Peugeot Citroën nicht zulassen werde: "Wir werden ihn neu verhandeln." Dabei ging Hollande mit der Unternehmensführung des Autobauers scharf ins Gericht. Sie mache es sich zu einfach, die hohen Arbeitskosten in Frankreich für die Situation verantwortlich zu machen, sagte er. Denn sie habe mit strategischen Fehlentscheidungen und der Ausschüttung von Dividenden an Aktionäre zu den finanziellen Problemen beigetragen. Die Regierung habe nun einen Experten benannt, der prüfen solle, wie die finanzielle Situation des Autobauers tatsächlich aussehe. "Der Staat kann dafür sorgen, dass Aulnay-sous-Bois ein industrieller Standort bleibt", sagte Hollande. Wie er das anstellen will, sagte er nicht.
Tatsächlich stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten der Staat hat, bei PSA Peugeot Citroën einzugreifen. Denn im Gegensatz zu Renault ist er nicht am Kapital des Autobauers beteiligt. Es dürfte sich also eher um Lippenbekenntnisse handeln, mit denen Hollande der französischen Bevölkerung das Gefühl geben will, er tue etwas für sie. Im Gegensatz zu den Deutschen erwarten die Franzosen traditionell, dass der Staat gezielt in die Wirtschaft eingreift, um sie zu schützen.
Hollande kritisierte im Zusammenhang mit den Restrukturierungsplänen des Autobauers indirekt auch seinen konservativen Vorgänger Nicolas Sarkozy. "Der Chef von PSA hat selber zugegeben, dass er den Restrukturierungsplan bereits zu Beginn des Jahres verkünden wollte, dass ihm aber zu verstehen gegeben worden sei, dies während der Wahlkampfphase nicht zu tun", sagte Hollande. Auf ihn dürften in den kommenden Wochen und Monaten weitere Hiobsbotschaften warten, denn Gerüchten zufolge könnten weitere Unternehmen wie der Pharmakonzern Sanofi Tausende Stellen streichen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit habe für ihn absolute Priorität, erklärte Hollande.
Hohe Arbeitskosten
Gleichzeitig gab er zu, dass Frankreich im Vergleich zu europäischen Nachbarn ein Wettbewerbsproblem habe. Die Regierung werde sich angucken, wie hoch die Arbeitskosten in Frankreich im Verhältnis zu denen der Konkurrenz seien. Er wolle aber nicht die Mehrwertsteuern erhöhen, um im Gegenzug die Abgaben für Arbeitgeber zu senken, wie das Sarkozy geplant hatte. Denn durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuern werde das dringend notwendige Wachstum verhindert. Hollande versprach auch, das Haushaltsdefizit nächstes Jahr wie angekündigt auf drei Prozent zu senken. Dafür sind laut Rechnungshof 33 Milliarden Euro notwendig. "Wir müssen sparen", sagte Hollande. Steuererhöhungen für den Großteil der Bevölkerung schloss er jedoch aus. Die Besserverdienenden in Frankreich müssten allerdings ihren "patriotischen Beitrag" leisten.