Er kämpfe für eine andere Regierung und wolle so auch den Wahlkampf aufziehen.
"Wenn wir unser Ziel nicht erreichen - das kann niemand ausschließen -, dann bin ich mir meiner besonderen Verantwortung für die nordrhein-westfälische CDU uneingeschränkt voll bewusst", machte der Chef des größten CDU-Landesverbandes klar. Die Sache werde in diesem Fall "gemeinsam entschieden". "Ich lasse keinen hängen, keinen im Stich, aber ich kämpfe jetzt um den Sieg und nicht um den zweiten Platz", fügte Röttgen hinzu. Zuvor hatte er auch im Landesvorstand die selbstbewusste Marschrichtung ausgegeben, "dass wir unsere Fragen ganz alleine entscheiden und keinen Ratschlag erbitten".
Aus den Reihen der Union waren zuletzt die Forderungen immer lauter geworden, der 46-Jährige möge sich ganz für NRW entscheiden - egal, ob er die Wahl gewinnt. Allenthalben wurde dabei kanalisiert, dass auch Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel diese Auffassung vertritt. Tatsächlich ist man in der Parteispitze auch weiterhin der Auffassung, dass es hilfreich für den NRW-Wahlkampf wäre, wenn Röttgen sich so entscheidet - aber man will nun davon ablassen, von außen zu erzwingen, wozu der Minister offensichtlich nicht bereit ist.
Erster Posten im Schattenkabinett
So machte einer von Merkels Vertrauten, Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU), jetzt klar, dass man das diesbezügliche Beschlussrecht des nordrhein-westfälischen Landesverbands und seines Spitzenkandidaten akzeptiere. Bezeichnenderweise wollte sich auch die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt bei ihrer Brezelrunde in der bayerischen Landesvertretung an der Behrenstraße nicht der Forderung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer anschließen, Röttgen solle auf jeden Fall nach Nordrhein-Westfalen gehen. Sie haben zu dem Thema ihre Meinung, werde diese aber für sich behalten, sagte sie.
Die eigenen Parteifreunde aus dem nordrhein-westfälischen Landesverband stellten sich am Dienstag ziemlich unmissverständlich hinter Röttgen. So sagte der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Karl-Josef Laumann im WDR: "Wir sind ganz entschieden der Meinung, dass jemand, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden will, seine Entscheidung unabhängig trifft - und nicht unter einem gewissen Druck, der ja zurzeit erzeugt wird." Überhaupt verwundere ihn die ganze Debatte, so Laumann: "Ich habe noch nie in meiner langen politischen Arbeit erlebt, dass zu Beginn eines Wahlkampfes eine Debatte darüber geführt wird, wer wird in Nordrhein-Westfalen Oppositionsführer", sagte er. Schließlich habe Röttgen doch "klare Kante" gezeigt, "indem er ganz deutlich gesagt hat, dass er als Ministerpräsident hier antritt". Er jedenfalls könne verstehen, dass Norbert Röttgen sich diesem Druck nicht beugen werde.
Altmaier versuchte, die Debatte mit der optimistischen Prognose abzubinden, dass Röttgen die Wahl gewinne und dann Ministerpräsident werde. Ähnlich äußerte sich auch der stellvertretende Berliner CDU-Landeschef Frank Steffel. Er sagte der Berliner Morgenpost: "Ich bin sicher, dass Norbert Röttgen auch als Oppositionsführer nach NRW gehen wird, aber über den besten Zeitpunkt, dies zu verkünden, entscheidet er selbstverständlich alleine. Die Frage ist ohnehin hypothetisch, da er nach der Wahl Ministerpräsident wird."
Röttgen wiederum versuchte, mit der Bekanntgabe einer Personalie und mit Kritik an seiner Konkurrentin, der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), in die Offensive zu kommen: Er stellte seine Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser als erstes Mitglied seines Schattenkabinetts vor. Demnach soll Heinen-Esser Ministerin für Bundesangelegenheiten und Europa in der Staatskanzlei werden, falls die CDU in knapp zwei Monaten den Machtwechsel in NRW schafft. Röttgen kündigte an, er werde im beginnenden Wahlkampf nach und nach eine überzeugende Regierungsmannschaft vorstellen, die für Inhalte und Kompetenz stehe. Er verstehe die mediale Diskussion um seine Person, glaube aber, dass die Wähler sich mehr für Inhalte interessierten.
"Mehr Köpfchen. Weniger Kraft"
Röttgen skizzierte, wo er die gescheiterte rot-grüne Minderheitsregierung im Wahlkampf stellen will. Seine Themen sind Verschuldungspolitik, fehlende Krippenplätze, verschleppte Energiewende, mangelhafte Industriepolitik und schlechte Vertretung nordrhein-westfälischer Interessen in Europa. "In den letzten zwei Jahren ist überhaupt keine Weiche in Richtung Zukunft gestellt worden", sagte Röttgen. Und auch in Sachen Werbung wird die CDU nun aktiv. Unter www.facebook.com/WenigerKraft sind bereits erste Plakatmotive zu sehen, nach dem Motto: "Mehr Köpfchen. Weniger Kraft" oder: "Weil Köpfchen mehr bewegt als Kraft".