Nun soll es so weit sein: Die rund 55 000 Zahnärzte, die Kassenpatienten behandeln, sollen mehr Geld bekommen. Die Gesundheitspolitiker der Union einigten sich am Dienstagvormittag darauf, am Abend wollte man mit der FDP darüber reden.
Die Krankenkassen erwarten durch das Honorarplus eine Kostensteigerung um bis zu 800 Millionen Euro pro Jahr. In der Koalition ist von maximal 300 Millionen Euro die Rede. Die Versicherten sollen davon angeblich nichts spüren. Doch der Kassenbeitrag ist seit der jüngsten Reform festgeschrieben, alle Kostensteigerungen gehen nun direkt zulasten der Beitragszahler.
Das Vorhaben soll Teil der nächsten Gesundheitsreform sein, mit der die Koalition in den nächsten Monaten die Lage der Patienten verbessern will. "Wir wollen das Jahr 2011 zum Jahr der besseren Versorgung machen", kündigt der stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Johannes Singhammer, an. Außer dem Honorarplus für die Zahnärzte soll die Wartezeit auf einen Termin beim Facharzt drei Wochen nicht übersteigen. Vor allem aber soll es eine bessere ärztliche Versorgung auf dem Land geben. Von Zweibettzimmern im Krankenhaus für Kassenpatienten ist dagegen keine Rede mehr. Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn, der dies ursprünglich gefordert hatte, scheiterte damit am Widerstand der CSU und der FDP. In dem Papier, das die Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion am Dienstag beschloss, ist nur noch die Rede von "patientenfreundlicherer Ausstattung der Krankenhäuser".
Debatte über Mehrbettzimmer
"Die Union hat sich geeinigt", sagte CSU-Politiker Singhammer zu diesem Punkt. Spahn dagegen will sich offenbar noch nicht ganz geschlagen geben und sieht diese Einigung nur als Diskussionsgrundlage für Gespräche mit dem Koalitionspartner. "Welche wirksamen Anreize sich in diesem Sinne auf Krankenhausebene setzen lassen, wollen wir mit der FDP besprechen", sagte er. Tatsächlich kann sich deren gesundheitspolitische Sprecherin Ulrike Flach noch Lösungen im Sinne von Spahn vorstellen: So könnten Patienten, die im Vierbettzimmer liegen, von der sonst üblichen Zuzahlung von zehn Euro pro Krankenhaustag befreit werden. Andere FDP-Politiker aber sehen solche Lösungen skeptisch.
Bei den Zahnärzten dagegen könnte man sich schnell einig sein. FDP-Politikerin Flach sagte: "Wenn die Union sich endlich bewegt, sind wir dabei." Konkret soll die Vergütung der Zahnärzte nicht mehr länger an die Lohnentwicklung gekoppelt sein, wie dies in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. Vielmehr soll sich das Honorar nun - wie bei den übrigen Ärzten - am Krankheitszustand der Patienten orientieren oder an anderen "geeigneten Parametern", wie es im Unionspapier heißt. Zugleich soll Schluss sein mit dem Umstand, dass unterschiedliche Krankenkassen unterschiedlich hohe Summen für die zahnärztliche Behandlung ihrer Versicherten zahlen. Damit sollen Situationen wie im vergangenen Jahr vermieden werden, als Zahnärzte in Bayern sich weigerten, AOK-Patienten zu behandeln, weil das Budget ihrer Kasse erschöpft war.
Bei den Zahnärzten rechnet man mit zusätzlichen Kosten durch die Neuregelung von etwas mehr als 100 Millionen Euro. In Krankenkassenkreisen wird ein höherer Kostenschub befürchtet. Die Zahnärzte würden dann deutlich mehr behandeln als bisher, glauben Fachleute und berufen sich auf Erfahrungswerte. Man rechne mit zehn Prozent mehr Ausgaben. Nach Berechnungen des AOK Bundesverbandes ist deshalb mit Mehrbelastungen für die gesetzlichen Krankenkassen von 780 Millionen Euro zu rechnen. Bisher bekommen die Zahnärzte 7,8 Milliarden Euro pro Jahr von den Kassen. Weitere Kosten könnten durch Nachbesserungen an der Honorarreform für die restlichen Ärzte entstehen. Im Zusammenhang mit der Reform hatten die Ärzte in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Millionen Euro zusätzlich bekommen. Die Verwerfungen zwischen den einzelnen Fachbereichen und den Regionen sind jedoch zum Teil noch immer groß. Auch Landärzte sollen künftig mehr Geld verdienen können.
Nicht zum Nulltarif
Das alles dürfte nicht zum Nulltarif zu haben sein. Doch FDP-Politikerin Flach versichert mit Blick auf das gesamte Gesetzesvorhaben: "Beitragssteigerungen sind nicht unser Ziel." Zusätzliche Ausgaben müssten aus den vorhandenen Töpfen finanziert werden. Auch die Union glaubt, die millionenschweren Zusatzausgaben würden bei den Krankenkassen keine finanziellen Probleme verursachen.
Der größte Brocken der Reform aber dürfte nicht unbedingt mehr Geld kosten, er wird aber wohl erhebliche Diskussionen auslösen - sowohl innerhalb der Koalitionsparteien als auch zwischen Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und seinen Kollegen aus den Bundesländern. Es geht um die bessere ärztliche Versorgung auf dem Land. Dort fehlen an vielen Stellen schon jetzt Ärzte. Auf der anderen Seite gibt es in vielen Städten zu viele Mediziner. Dafür, wie viele Ärzte an welcher Stelle benötigt werden, soll es deshalb neue Maßstäbe geben.