Datenschutz

FDP will den gläsernen Bürger verhindern

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Christoph Rybarczyk

Der Widerstand gegen die wichtigsten und kostspieligsten Datenprojekte der Bundesregierung wächst. Die Steuerdatenbank Elena, der elektronische Personalausweis und die neue Gesundheitskarte liegen derzeit auf Eis.

Die Vision einer bürgernahen elektronischen Regierung droht am Datenschutz und am Bundesverfassungsgericht zu scheitern. Und wie Zehntausende Bürger stemmt sich auch die FDP gegen Elena, E-Personalausweis und E-Card.

Daten eines Arbeitnehmerlebens

"Das Elena-Verfahren ist noch dramatischer als die Vorratsdatenspeicherung. Es wird erstens nur an einem Ort gespeichert, während bei der Vorratsdatenspeicherung es ja jeweils die Server der Provider wie Telekom oder Vodafone sind. Und zweitens werden Krankheitsdaten, Urlaubszeiten und Streiktage aufgenommen. Es geht um ein gesamtes Arbeitnehmerleben. Es ist fraglich, ob man das zulassen muss", sagte Christian Ahrendt (FDP), Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion.

Von Elena haben nach einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen 40 Prozent der Arbeitnehmer nie etwas gehört. Dabei gibt es den elektronischen Entgeltnachweis schon seit Anfang des Jahres. Die Firmen müssen jeden Monat die Daten ihrer Mitarbeiter an eine zentrale Speicherstelle senden: Name, Anschrift, Gehalt, Voll- oder Teilzeit, Religionszugehörigkeit, Urlaubs- und Krankheitstage sonstige Fehlzeiten.

Ab 2012 können Behörden von dem Elena-Datenpool bei der Deutschen Rentenversicherung diese Daten abrufen, wenn jemand Elterngeld beantragt, Wohn- oder Arbeitslosengeld. Bislang müssen die Arbeitgeber Millionen Bescheinigungen auf Papier ausstellen.

Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sagte: "Ich rechne mit Korrekturen an Elena. Durch das Urteil der Verfassungsrichter zur Vorratsdatenspeicherung hat sich die Rechtsgrundlage verändert." Das Erheben von Daten müsse grundsätzlich und verhältnismäßig sein. "Beide Grundsätze sehe ich bei Elena verletzt." 22 000 Unterschriften besorgter Bürger sind unter der Massenklage in Karlsruhe zu lesen. "Wenn Elena verfassungswidrig wäre, dann wäre noch relativ viel mehr verfassungswidrig, was bisher unstreitig war", sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU).

Ähnlich vertrackt ist die Lage bei der elektronischen Gesundheitskarte. Der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, sagte: "Behörden, Versicherungen und nicht zuletzt die Gesundheitsindustrie" würden sich an diesem "gigantischen Datenpool ungebremst bereichern". Daniel Poeschkens von der E-Card-Betreibergesellschaft Gematik kontert: "Die Karte kommt." Für die festgefahrenen Verhandlungen zwischen Ärzten, Kassen und Betreibern wurde ein Schlichter eingesetzt. Viele Mediziner lehnen die Karte ab, weil nicht auf ihr selbst Daten gespeichert werden, sondern weil sie nur als Schlüssel für Datenbanken fungiert. Befürworter sagen, der Betrug im Gesundheitswesen werde mit der E-Card eingedämmt.

Erhebliche Bedenken gibt es auch gegen den neuen Personalausweis mit Chip, der im Herbst kommen soll. Ob er je in den Händen der Bürger landet, ist ungewiss. Fachleute der Bundesregierung beteuern, dass er sicher ist. FDP-Rechtsexperte Ahrendt befürchtet einen schleichenden Trend zur gläsernen Identität aller Deutschen. "Ich finde, wir haben einen sehr erfolgreichen Personalausweis, der fälschungssicher ist. Ich brauche keine elektronische Identität mit mir herumzutragen."

Ausweis als Alleskönner

Der neue Ausweis ist ein Alleskönner, klein wie eine Kreditkarte, aufrüstbar für Fingerabdrücke und biometrische Daten. Der Funkchip strahlt allerdings über den Ausweis hinaus. "Die Verschlüsselung ist in anderen Ländern schon geknackt worden", sagt Datenschützer Steffens. Er befürchtet, dass der E-Perso dem Missbrauch Tür und Tor öffnet. FDP-Rechtsexperte Ahrendt sagt: "Es ist nicht Aufgabe des Staates, die Bürger dazu zu erziehen, mit einem Personalausweis eine Internetbestellung zu machen."