Außenpolitik

Iran-Reise: Schröder am Pranger

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Martin Lutz

Gerhard Schröder, der während seiner siebenjährigen Kanzlerschaft nie in den Iran reiste, muss sich viel Kritik anhören. Der Zentralrat der Juden in Deutschland rügte den früheren Bundeskanzler scharf, weil er am Wochenende den iranischen Staatspräsidenten und Holocaust-Leugner Mahmud Ahmadinedschad in Teheran getroffen hat.

- CDU und Grüne griffen den SPD-Politiker an, weil er mit seiner Visite der international völlig isolierten iranischen Führung in die Hände spiele. Nur in der eigenen Partei traute sich bisher niemand, den Altkanzler zu attackieren.

Doch jetzt beginnt auch dort eine kritische Debatte. "Ich hätte diese Reise in den Iran nicht gemacht. Es wäre besser gewesen, wenn Gerhard Schröder den umstrittenen Staatspräsidenten Ahmadinedschad nicht getroffen hätte. Klug wäre es gewesen, in Teheran ausschließlich mit Ex-Präsident Chatami zu sprechen", sagte Gert Weisskirchen, der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, der Morgenpost. Er hätte Schröder geraten, den Iran erst nach der Präsidentschaftswahl zu besuchen: "Falls überhaupt, hätte ich vor dieser Wahl deutlich gemacht, dass man Ahmadinedschad als Präsidenten nicht wieder sehen will."

Schröder hatte am Wochenende in Teheran Ahmadinedschad getroffen. Das Treffen verlief in sichtbar gespannter Atmosphäre, weil Schröder nur Stunden vorher Äußerungen Ahmadinedschads zum Holocaust verurteilt hatte. Das Gespräch stand damit im Gegensatz zu einer weiteren Unterredung mit dem früheren iranischen Präsidenten Mohammed Chatami, das in einer entspannten Atmosphäre stattgefunden haben soll.

Der iranische Präsident Ahmadinedschad hatte in den vergangenen Jahren den millionenfachen Mord der Nazis an den Juden mehrfach einen Mythos genannt. Schröder betonte indes in einer Rede vor der iranischen Industrie- und Handelkammer: "Der Holocaust ist eine historische Tatsache. Es macht keinen Sinn, dieses einmalige Verbrechen, für das Hitler-Deutschland verantwortlich gewesen ist, zu leugnen." Diese unnötigen Diskussionen lenkten nur von der Frage ab, wie die Sicherheit aller Staaten der Region gewährleistet werden könne.

Aus dem Gespräch Schröders mit dem Staatspräsidenten wurden keine Details bekannt. Gestern Abend wollte der Altkanzler nach einem Besuch in der historischen Stadt Isfahan seine viertägige Iran-Reise beenden. Schröder hatte zuvor unter anderem auch den Parlamentspräsident Ali Laridschani und den früheren Präsidenten Haschemi Rafsandschani getroffen. Der Ex-Kanzler besuchte das Land nach eigenen Angaben als Privatmann.

Schröder sagte vor der Handelskammer, Iran fordere zu Recht eine politisch bedeutsamere Rolle ein. Doch wer international ernst genommen werden wolle, müsse auch Verantwortung übernehmen, internationale Regeln beachten und Konzessionen machen. Zum zähen Streit über das iranische Atomprogramm sagte Schröder: "Niemand bestreitet das Recht des Iran auf die friedliche Nutzung der Nuklearenergie." Doch seien ernsthafte Verhandlungen die einzig tragfähige Basis für die Lösung auch dieses Konflikts. Es müsse absolute Transparenz herrschen; und alle internationalen Verpflichtungen müssten eingehalten werden.

Schröder verwies auf das Angebot von US-Präsident Barack Obama, dass die USA der islamischen Welt die Hand reichen wollten. "Der neue amerikanische Präsident distanziert sich deutlich von der Politik seines Vorgängers, der allzu häufig auf Ausgrenzung und Konfrontation in der internationalen Politik gesetzt hat", sagte der Altkanzler. Diese Chance müsse nun genutzt werden. Schröder stellte allerdings klar, dass er nicht mit einer direkten Botschaft Obamas nach Teheran gereist sei.

Schröder betonte dort die Notwendigkeit gemeinsamer Lösungen für den Konflikt zwischen Israel und Palästina, für die Stabilisierung von Pakistan, Afghanistan, dem Libanon und dem Irak sowie einen Frieden zwischen Syrien und Israel. Der Iran ist Schröder zufolge hierbei ein wichtiger Akteur.